Belastungsarme Therapie mit körpereigenen Stammzellen
Kniearthrose
Für Patienten, deren Kniearthrose noch nicht zu weit fortgeschritten ist, kann eine Therapie mit körpereigenen Stammzellen eine schonende und schmerzarme Behandlungsform darstellen, erklärt PD Dr. med. Andreas Ficklscherer, Spezialist für Kniechirurgie und Mitinhaber der Orthopädie am Viktualienmarkt in München.
Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO
Bei welchen Schäden oder Verletzungen am Knie kann eine Stammzelltherapie helfen?
Dr. Ficklscherer: „Voraussetzung für eine Therapie mit körpereigenen (autologen) Stammzellen ist eine Verschleiß- bzw. Abnutzungserkrankung des Kniegelenks, eine Kniearthrose. In den vergangenen Jahren hat das bessere Verständnis der Arthrose, ihrer Entstehung und ihrer Auswirkungen, dazu geführt, dass die Stammzelltherapie für diese Erkrankung zugelassen wurde. Am besten wissenschaftlich belegt sind die Erfolge beim Knie- und Hüftgelenk.“
Was spricht gegen eine Stammzelltherapie?
Dr. Ficklscherer: „Es gibt keine ‚harten’ Ausschlusskriterien für die Behandlung mit körpereigenen Stammzellen. Sie wirkt allerdings besonders gut bei einer leichten bis mittelschweren Arthrose. Bei einer maximalen Arthrose des Kniegelenks ist kein überzeugender Therapieerfolg mehr zu erwarten.“
Wie werden die Stammzellen gewonnen?
Dr. Ficklscherer: „Wir entnehmen die Stammzellen aus dem körpereigenen Fettgewebe. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass hier die Anzahl der Stammzellen deutlich höher ist als z.B. im Knochenmark. Hierfür werden vorwiegend am Bauch oder an den Oberschenkeln 30ml Fettgewebe entnommen. Dass diese kleine Menge an einer Körperstelle fehlt, ist später nicht sichtbar. Anschließend werden die entnommenen Fettzellen aufbereitet und konzentriert, so dass wir ca. 2 ml für die Injektion verwenden können.“
Wie läuft die Stammzell-Behandlung ab?
Dr. Ficklscherer: „Der große Vorteil für unsere Patienten ist, dass es sich um eine wenig belastende Therapie handelt: Alle Behandlungsschritte können ambulant in nur einer Sitzung erfolgen. Sie wird unter Vollnarkose vorgenommen und dauert 45 bis 60 Minuten. Die Entnahme der Fettzellen und auch die Injektion ins Kniegelenk erfolgen mit Hilfe einer Nadel. Es sind keinerlei Schnitte oder Nähte erforderlich. Die Behandlung kann auch mit anderen Eingriffen, wie z.B. einer Meniskusoperation, kombiniert werden.“
Wie schmerzhaft ist die Behandlung mit körpereigenen Stammzellen?
Dr. Ficklscherer: „Wenn überhaupt, berichten Patienten von einem leichten Brennen an der Entnahmestelle, das nach 1 bis 3 Tagen wieder vergeht. Die Injektion ins Knie erfolgt noch während der Narkose, so dass hier keine Schmerzen entstehen.“
Wie lange dauert die Ausheilphase?
Dr. Ficklscherer: „Das Schöne an dieser Therapie ist, dass das Kniegelenk sofort voll belastbar ist und die Patienten genauso mobil sind wie vorher. Die Stammzellen fungieren als körpereigene Apotheke: Sie wandern an die defekte Stelle im Gelenk und setzen dort die jeweils notwendigen regenerativen und entzündungshemmenden Wirkstoffe frei. Nach und nach stellt sich dann der positive und schmerzlindernde Effekt ein.“
Ist die Beweglichkeit des Kniegelenks nach einer Stammzelltherapie eingeschränkt?
Dr. Ficklscherer: „Unsere Patienten können nach der Behandlung sofort wieder ihren normalen Alltagstätigkeiten nachgehen. Da wir dem Körper durch Entnahme der Fettzellen eine Wunde zugefügt haben, raten wir dazu, während der ersten Woche auf körperliche Beanspruchungen, wie schweres Heben, und auf Wassersport und Baden zu verzichten. Gegen leichte Bürotätigkeiten und selbst gegen kniende Tätigkeiten in Berufen wie Maurer oder Fliesenleger ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Allerdings empfehlen wir auch hier eine Schonzeit von 5 Arbeitstagen bzw. einer Woche. Dieser Sicherheitspuffer tut den meisten Patienten gut.“
Welche Risiken gibt es bei einer Stammzelltherapie?
Dr. Ficklscherer: „Die Arthrose-Therapie mit körpereigenen Stammzellen ist sehr gut verträglich und Nebenwirkungen treten äußerst selten auf. Aufgeklärt werden muss der Patient über mögliche Wundheilungsstörungen an der Fettentnahmestelle sowie die Möglichkeit, dass aufgrund der Injektion eine Entzündung entsteht. Durch die Behandlung in einem sterilen Operationssaal wird dieses Risiko sehr zuverlässig minimiert und liegt nur bei 1:30.000.“
Wie lange hält der Therapieeffekt an?
Dr. Ficklscherer: „Studien belegen, dass der positive Effekt der Stammzelltherapie bei Kniearthrose bis zu 24 Monate hält. Für diesen Zeitraum sind signifikante Verbesserungen der Funktion und des Schmerzleidens nachgewiesen. Bei MRT-Kontrollen (Magnetresonanztomographie) zeigt sich in vielen Fällen eine Verbesserung des Gelenkknorpels. Natürlich ist diese Therapie kein wundersamer Jungbrunnen. Die injizierten Stammzellen setzen Wachstumsfaktoren und entzündungshemmende Stoffe frei und bewirken die Ansiedlung weiterer Stammzellen. Aber irgendwann sind sie natürlich auch dem normalen Zellsterben ausgesetzt.“
Erwarten Sie weitere Fortschritte für die Stammzelltherapie bei Kniearthrose?
Dr. Ficklscherer: „Ich halte es für den richtigen Weg, sich bei Arthrose auf die körpereigene Biologie und körpereigene Heilungsmechanismen zu besinnen, statt zu schnell mit Gelenkersatz zu reagieren. Je mehr wir über die Arthrose-Entstehung wissen, desto größer wird das Behandlungspotential der biologischen Ansätze. Im Moment gibt es häufig nur ein knappes Zeitfenster für die Behandlung der Arthrose, da viele Patienten erst zu uns kommen, wenn sie bereits unter starken Schmerzen oder Bewegungsproblemen leiden und das Kniegelenk schon stark geschädigt ist. Ich hoffe, hier werden wir in Zukunft früher reagieren und behandeln können.“
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