Das PCO-Syndrom – die unbekannte Volkskrankheit
Polyzystisches Ovarsyndrom
Das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) zählt zu den häufigsten Hormon-Störungen bei Frauen und bleibt dennoch oft unentdeckt, so Dr. Artemis Papandreou, Fachärztin für Endokrinologie und Diabetologie am Hormon Zentrum Zürich.
Interview: Susanne Amrhein, Primo Medico
Woran erkennt man ein PCO-Syndrom?
Dr. Papandreou: „Die betroffenen Frauen leiden unter ganz verschiedenen Beschwerden, dazu gehören Zyklusstörungen, verstärkter Haarwuchs oder Haarausfall, Akne, Übergewicht und Empfängnisschwierigkeiten. PCOS ist eine hormonell bedingte Erkrankung, die den Glukose- und Fettstoffwechsel beeinflusst. Oft ist eine Insulinresistenz vorhanden, die zu Diabetes und Gewichtszunahme führen kann. Der verstärkte Einfluss der männlichen Hormone bei der Frau wirkt sich auf den Haarwuchs aus, der entweder zu stark ausgeprägt ist (Hirsutismus), oder aber zu Haarausfall und auch zu Akne führen kann. Typisch für das Polyzystische Ovarsyndrom, wie der Name schon sagt, ist die gestörte Reifung der Follikel mit Bildung von vielen kleinen Zysten in den Eierstöcken, was zu Ausfall von Menstruationen, Empfängnisproblemen und Unfruchtbarkeit führen kann.“
Wie wird ein Polyzystisches Ovarsyndrom diagnostiziert?
Dr. Papandreou: „Das Problem ist, dass die Erkrankung häufig erst spät diagnostiziert wird. Viele Frauen nehmen ihre Beschwerden hin und arrangieren sich damit. Wenn sie zum Arzt gehen, dann häufig aufgrund von Zyklusproblemen: Wenn die Periode ganz ausbleibt oder nicht jeden Monat erscheint. Oder sie kommen aufgrund eines unerfüllten Kinderwunsches und möchten die Ursachen abklären lassen. Bei der Anamnese sollte dann besprochen werden, ob andere Symptome des PCOS ebenfalls auftreten oder in der Familie bekannt sind. Im Rahmen der klinischen Untersuchung wird neben einer gynäkologischen Kontrolle auch der Hormonstatus überprüft und ein Stoffwechseltest durchgeführt. Eine reine Ultraschalluntersuchung, bei der multiple Zysten in den Ovarien festgestellt werden können, ist allein nicht aussagekräftig.“
Gibt es Frauen, die besonders häufig vom Polyzystischen Ovarsyndrom betroffen sind?
Dr. Papandreou: „Frauen mit PCO-Syndrom gab es schon immer. Zum ersten Mal wurde das Syndrom 1935 offiziell beschrieben. Seitdem sind die Möglichkeiten der Diagnose und der Hormonbestimmung natürlich weit fortgeschritten, so dass PCOS nicht häufiger geworden ist, sondern einfach häufiger entdeckt wird als früher. Die Diagnose wird bei Frauen im gebärfähigen Alter gestellt. Ursache sind vermutlich genetische Faktoren. Es ist auch bekannt, dass ein PCOS bei übergewichtigen Frauen stärker ausgeprägt ist, als bei schlanken Frauen.“
Wie häufig kommt es in Folge eines PCOS zu Hirsutismus?
Dr. Papandreou: „Der Hirsutismus ist ein sehr häufiges Erscheinungsbild bei Patientinnen mit PCO-Syndrom. Etwa drei Viertel der betroffenen Frauen leiden unter Hirsutismus. Darunter versteht man eine ungewöhnlich starke Körperbehaarung auch an Stellen, wie man sie eigentlich nur von Männern kennt, z.B. an Oberlippe, Kinn, Brust, Bauch und Rücken. Hirsutismus kann allerdings auch ein Erscheinungsbild anderer Erkrankungen sein, wie z.B. bei einer Störung der Nebennierenfunktion. Das muss im Einzelfall genau abgeklärt werden.“
Kann man das PCO-Syndrom heilen?
Dr. Papandreou: „Ich würde schon von einer Heilung sprechen, wenn man Heilung so definiert, dass die Symptome verschwinden und das Langzeitrisiko für die Entstehung anderer Erkrankungen verringert wird. Wir sind heutzutage zum Glück in der Lage, die Auswirkungen des PCOS gut in den Griff zu bekommen. Die Behandlung ist abhängig vom Alter und der individuellen Lebensplanung. Bei einer jungen Frau mit Kinderwunsch wird vorrangig die Follikelreifung stimuliert, um eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Bei einer jungen Frau ohne Kinderwunsch hilft die Gabe von Hormonpräparaten mit antiandrogener Wirkung. Es gibt auch Behandlungen, die keine Hormone enthalten, wie z.B. die Therapie mit Metformin. Bei der Therapie von älteren Frauen stehen eher die Folgeerscheinungen des PCOS im Fokus, um z.B. das Entstehen von Diabetes oder Gebärmutterkrebs zu verhindern.“
Gibt es aktuelle Forschungen oder Entwicklungen, die eine Behandlung des Polyzystischen Ovarsyndroms in Zukunft erleichtern können?
Dr. Papandreou: „In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass es nicht ausreicht, den Fokus nur auf die Behandlung junger Frauen zu legen. Ein PCOS birgt erhebliche Langzeitrisiken, z.B. für Gebärmutterkrebs, Dyslipidämie, Diabetes und auch kardiovaskuläre Erkrankungen. Dies ist aktuell Gegenstand verschiedener Forschungen. Es reicht bei einem PCO-Syndrom nicht, sich nur mit den akuten Problematiken wie Zyklusstörungen, Hirsutismus und Infertilität zu beschäftigen. Sondern es ist wichtig, Maßnahmen einzuleiten, um das Risiko für die eben genannten Folgeerkrankungen zu senken. Es ist auf jeden Fall wichtig, dass die betroffenen Frauen eine langfristige Therapie erhalten und regelmäßig Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden.“
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