Erstes Symptom bei Herzinfarkt ist oft der Tod
Herzinfarkt
Die meisten Herzinfarkte treffen die Patienten aus heiterem Himmel, warnt Prof. Dr. med. Uwe Nixdorff, Spezialist für Prävention, Vorsorge und Diagnostik, Praxisinhaber und Geschäftsführer der Kardiologie Nixdorff und dem European Prevention Center im Medical Center Düsseldorf Grand-Arc.
Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO
Welche Menschen haben ein erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden?
Prof. Nixdorff: „Die Kardiologie ist der erste Fachbereich, der weiß, dass bestimmte Risikofaktoren kausal zu Erkrankung führen. Ein wesentlicher Risikofaktor für den Herzinfarkt ist die Atherosklerose. Dabei verdicken die Herzkranzgefäße, es entstehen Ablagerungen in der Gefäßwand, sogenannte Plaques, die aufbrechen können und Blutgerinnsel entstehen lassen können. Diese wiederum können die Blutgefäße verstopfen und einen Herzinfarkt auslösen. Zu den weiteren Risikofaktoren gehört heutzutage insbesondere das metabolische Syndrom als Folge einer Adipositas (Fettleibigkeit), mit Fettstoffwechselstörungen, Diabetes, Hypertonus (Bluthochdruck). Die meisten Risikofaktoren werden durch einen ungesunden Lebensstil verursacht und zwar bis zu 80%; d.h. Risikofaktoren – die heute oft nur vordergründig medikamentös behandelt werden - sind nicht schicksalhaft.“
Was sind Frühwarnzeichen für einen Herzinfarkt bei Frauen und Männern?
Prof. Nixdorff: „Die Tücke an einem Herzinfarkt ist gerade, dass es keine wesentlichen Frühwarnzeichen gibt, er trifft die Patienten aus heiterem Himmel. Wenn man überhaupt von Frühwarnzeichen sprechen kann, dann wäre es z.B. eine Angina pectoris, anfallsartige Durchblutungsstörungen des Herzens mit Schmerzen im Brustbereich. Daher sind auch Früherkennungsuntersuchungen und eine Risikobewertung extrem wichtig und sollten so selbstverständlich sein, wie die Prophylaxe beim Zahnarzt. Ich überprüfe grundsätzlich alle meine Check Up- Patienten auf Plaques, egal ob sie bereits Beschwerden haben oder nicht. Gerade flache Plaques, die häufig keine akuten Durchblutungsprobleme verursachen, tendieren dazu, zu reißen und einen plötzlichen Herzinfarkt auszulösen. Und leider ist es nach wie vor so, dass schätzungsweise 65 Prozent der Menschen, die einen Herzinfarkt erleiden, das Krankenhaus gar nicht mehr erreichen.“
Kann man sein Herzinfarktrisiko berechnen?
Prof. Nixdorff: „Ja, es gibt verschiedene Gesundheitstests wie z.B. den PROCAM- Score der Assmann-Stiftung, mit dessen Hilfe Frauen und Männer im Alter von 20 bis 75 Jahren ermitteln können, wie groß ihr Risiko ist, innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Herzinfarkt zu erleiden. Dieser Test wurde auf Basis von Studiendaten erstellt, die über einen langen Zeitraum von etwa 30 Jahren ausgewertet wurden. Das Ergebnis wird in einem Ampelsystem mit den Farben grün, gelb und rot dargestellt. Bei einem Ergebnis ab dem gelben Bereich liegt das Herzinfarktrisiko in zehn Jahren bei mehr als 10 Prozent. Betroffene sollten daher einen Arzt aufsuchen. Im Rahmen der Vorsorge können Arzt und Patient dann besprechen, was getan werden muss, um das Risiko eines Herzinfarkts zu senken.“
Wie gut sind diese Onlinetests zum Herzinfarktrisiko?
Prof. Nixdorff: „Ich bin diesbezüglich sehr offen. Wir sollten die Möglichkeiten der fortschreitenden Digitalisierung auch für medizinisches Coaching nutzen. Patienten können inzwischen ja nicht nur ihr Herzinfarktrisiko, sondern auch ihre Cholesterin- und Blutdruckwerte einordnen lassen. Es gibt natürlich einige schwarze Schafe unter diesen Selbsttests. Ich bin aber sicher, dass sich die seriösen Kalkulatoren durchsetzen werden. Um Ratschläge zu erhalten, was zu tun ist, um das persönliche Risiko eines Herzinfarkts zu senken, müssen die Patienten dann im nächsten Schritt einen Arzt aufsuchen.“
Welche Tests führen Sie in Ihrer Praxis durch, um das individuelle Herzinfarktrisiko festzustellen?
Prof. Nixdorff: „ Neben der Bestimmung der Cholesterin- und Blutdruckwerte lege ich großen Wert auf eine ausführliche Anamnese. Es ist wichtig, die Patienten gut kennen zu lernen. Nicht nur ihre Krankheitsgeschichte, sondern auch ihren familiären Hintergrund und ihre Lebensumstände. In meiner Praxis nutze ich neben dem erwähnten PROCAM-Score den sogenannten ESC SCORE, um das Risiko eines tödlichen Herzinfarkts innerhalb der nächsten zehn Jahre zu berechnen. Ab dem mittleren Risikobereich sollte eine gezielte Vorsorge erfolgen. Zur genaueren Abklärung der Risikofaktoren bieten sich weniger gut ein EKG oder Belastungs-EKG an, es sollten Verfahren sein, die die direkte Feststellung der Atherosklerose nachweisen. Dazu gehören eine Ultraschalluntersuchung der Halsschlagader und eine Computertomographie des Herzens. Möglich ist zudem eine Ganzkörper MR-Angiographie, um alle Arterien des Körpers dreidimensional darzustellen und mögliche Gefäßveränderungen zu suchen.“
Wie kann man sein Herzinfarktrisiko senken?
Prof. Nixdorff: „In den Check Up-Untersuchungen zeige ich meinen Patienten grundsätzlich die festgestellten Plaques. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Wir wissen seit kurzem, dass Plaques sich auch wieder zurückbilden können. Der Bildbeweis trägt meiner Erfahrung nach viel dazu bei, dass die Betroffenen ihren Lebensstil radikal umstellen. Wichtig ist natürlich auch eine gute medikamentöse Einstellung bei Cholesterin- oder Blutdruckproblemen. Es ist bekannt, dass gut eingestellte Patienten länger leben und seltener einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden.“
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