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Ein heimtückischer aber heilbarer Krebs

Leukämie

Die Überlebensaussichten bei einer Leukämie haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Vor allem dank moderner und besser verträglicher Chemotherapien.

Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO

Chemotherapielabor

Bei einer Leukämie teilen und vermehren sich bösartige, entartete Zellen unkontrolliert und verdrängen andere lebenswichtige Blutbestandteile. In Deutschland erkranken jedes Jahr bis zu 12.000 Menschen an Leukämie, darunter auch etwa 600 Kinder. Es gibt verschiedene Formen von Leukämien, man unterscheidet zwischen Akuten und Chronischen Leukämien. Akute Leukämien verlaufen häufig schnell und enden ohne Behandlung tödlich. An einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL) erkranken vor allem Kinder und ältere Menschen ab 70 oder 80 Jahre. Zu den typischen Symptomen zählen allgemeine Schwäche und Leistungseinbrüche, Müdigkeit, eine Blutungsneigung und eine geschwächte Immunabwehr, die schwere Infektionen nach sich ziehen kann. Eine akute myeloische Leukämie (AML) kommt am häufigsten bei Erwachsenen vor. Auch sie führt zu Müdigkeit und Unwohlsein, Fieber, einer erhöhten Infektanfälligkeit und geht nicht selten einher mit Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen. Chronische, lymphatische Leukämien (CLL) kommen typischerweise bei älteren Erwachsenen vor und werden auch „Altersleukämien“ genannt. Sie verlaufen schleichend und werden oft zufällig im Rahmen von anderen Untersuchungen entdeckt. Eine chronische myeloische Leukämie (CML) betrifft zumeist auch Erwachsene, verläuft ebenfalls schleichend und führt über einen längeren Verlauf zu einer allmählichen Leistungsschwäche und Müdigkeit.

Wie wird eine Leukämie behandelt?

Da sich Leukämiezellen im Blut über den ganzen Körper ausbreiten, ist eine Operation nicht möglich. Zur Behandlung von akuten Leukämien können je nach Krankheitsbild verschiedene, intensive Chemotherapien eingesetzt werden, erklärt PD Dr. med. Peter Staib, Spezialist für Hämatologie und Onkologie und Chefarzt im Euregio-Krebszentrum Eschweiler bei Aachen. „Dazu muss man wissen, dass die modernen Chemotherapien sehr viel verträglicher sind als noch vor zehn Jahren. Auch die Therapiemöglichkeiten der unangenehmen Begleitsymptome hat sich stark verbessert: so verfügen wir mittlerweile über wirksame Medikamente gegen Übelkeit und Pilzinfektionen und können auch die Blutbildung fördern.“ Für die Betroffenen ist eine Chemotherapie zunächst aber häufig „ein tiefes Tal“, so der Leukämie-Spezialist. „Die Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML) dauert Monate oder auch ein halbes Jahr und die Patienten fühlen sich währenddessen sehr krank. Sie müssen stationär behandelt werden. Die Therapie einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL) kann sogar bis zu einem Jahr dauern. Auch hier sind mehrere stationäre Aufenthalte notwendig.“ Eine chronische lymphatische Leukämie muss nicht in jedem Fall sofort behandelt werden. Bisher ist diese Form der Erkrankung nicht heilbar, kann aber durch die Gabe von Medikamenten beherrscht werden und den Betroffenen ein nahezu normales Leben ermöglichen. Dies trifft auch für die chronische myeloische Leukämie zu, die bei Diagnosestellung behandelt werden sollte, in der Regel heutzutage ambulant mit speziellen Medikamenten in Tablettenform.

Wann ist eine Stammzelltransplantation erforderlich?

Eine Stammzelltherapie wird in der Regel nur bei Patienten bis zum 65. Lebensalter angewandt. Dabei werden gesunde Blutstammzellen eines Spenders auf den Leukämiepatienten übertragen. Dieses Verfahren kann zweifelsfrei Leben retten, ist aber ebenfalls risikobehaftet, betont Dr. Staib. „Eine Stammzelltransplantation sollte nur bei hohem Rückfallrisiko oder anderen Hochrisikofaktoren erfolgen. Es klingt so harmlos, ist aber ebenfalls ein toxisches Verfahren. Vor der Übertragung muss das gesamte blutbildende System des Patienten durch eine Chemo- und ggf.  Strahlentherapie zunächst weitgehend zerstört werden. Und 15 bis 20 Prozent aller Stammzellempfänger sterben an den Folgen der Transplantation, weil sie einem Infekt erliegen oder der Körper mit Abwehr auf die neuen Zellen reagiert.“ Bei Kindern sind die Therapiechancen generell besser als bei Erwachsenen, so der Onkologe.

Wie sind die Heilungsaussichten?

Die Chance, eine Leukämie zu überleben, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. „Bei einer AML oder ALL erreichen wir bei 60-65 Prozent unserer Patienten eine sogenannte komplette Remission. Das heißt, die Erkrankung ist im Blut und im Knochenmark nicht mehr nachweisbar. Die Patienten fühlen sich wieder gesund und fit und können ihrem Beruf nachgehen bzw. die Schule besuchen. Und selbst bei einer partiellen Remission können wir immer noch eine weitere Chemotherapie nachlegen oder über eine Stammzelltransplantation nachdenken.“ Die Diagnose Leukämie muss heutzutage kein Todesurteil mehr sein.

Geht es in Zukunft auch ohne Chemotherapie?

Die Möglichkeit, Leukämiepatienten Chemo-frei zu behandeln, ist das große Fernziel von PD Dr. Staib. „Bei einigen Unterformen zeigen sich bereits gute Ergebnisse. Wir behandeln z.B. im Rahmen einer internationalen Studie CLL-Patienten Chemo-frei. Diese Behandlung kommt zur Zeit für neu-diagnostizierte Fälle ohne nennenswerte Komplikationen in Frage.“ Wobei man wissen muss, dass die Behandlung im Rahmen einer Studie keinesfalls bedeutet, dass hier ungeprüfte Medikamente getestet werden. Es handelt sich um strukturierte Behandlungskonzepte auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse. „Auch die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten für akute Leukämien hat in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen“, so der Onkologie-Spezialist. Neuere, zielgerichtete Medikamente zeigten in Kombination mit Chemotherapien sehr gute Ergebnisse. Und auch Chemo-freie Behandlungen kommen hier bereits zum Tragen. In den USA wird AML seit einiger Zeit durch eine orale Tabletten-Therapie behandelt. Dr. Staib hofft sehr darauf, dass diese bald auch in Europa zugelassen wird.

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