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Neue Immuntherapien gegen Krebs

Krebsimmuntherapie

Krebszellen mit Hilfe des körpereigenen Abwehrsystems zu attackieren, gilt als die Therapie der Zukunft.

Susanne Amrhein

Krebstumore sind Meister der Tarnung. Sie sind in der Lage, dem körpereigenen Abwehrsystem zu entgehen, es zu unterdrücken oder auszuschalten und ungestört zu wachsen. Nachdem es Forschern in den vergangenen zehn Jahren gelungen ist, neue, bahnbrechende Erkenntnisse über unser Immunsystem zu gewinnen, gibt es mittlerweile auch verschiedene neuartige Therapien, die das Immunsystem zur Hilfe nehmen, um Krebszellen zu bekämpfen. Dr. Wilfried Stücker, Spezialist für Immunonkologie und Geschäftsführer des Immun-Onkologischen-Zentrums Köln (IOZK) setzt große Hoffnung in diese neuen Therapieoptionen: „So vielseitig die verschiedenen Immunreaktionen ausfallen, so vielseitig sind auch die verschiedenen Varianten der Immuntherapie, die wir anwenden können. Wir haben heutzutage die Möglichkeit, Immunzellen zu unterstützen, damit sie Tumorzellen zerstören können. Wir verwenden Marker für Tumorzellen, damit das Immunsystem diese als feindliche Zellen erkennt und attackiert oder wir können das Immunsystem durch Impfungen trainieren, damit es Tumorzellen von sich aus aufspürt und Anti-Reaktionen entwickelt.“

Wie läuft eine Krebsimmuntherapie ab?

Die Krebsimmuntherapie kann ambulant in spezialisierten, medizinischen Einrichtungen erfolgen. Ein Krankenhausaufenthalt ist nicht erforderlich. Eine Therapie dauert in der Regel drei bis vier Monate, abhängig vom individuell angepassten Verfahren.

Antikörper werden in der Regel als Infusion in die Vene appliziert. Antikörper zählen zu den sogenannten „passiven Immuntherapien“. Hierbei hilft das Präparat in der Zeit, in der es im Organismus vorhanden ist. Im Gegensatz dazu trainiert die „aktive Immuntherapie“ mittels einer Impfung das „Gedächtnis“ des Abwehrsystems. Damit es selbst aktiv wird, sobald es verdächtige Zellen erkennt.

Welche Nebenwirkungen haben Immuntherapien?

Im Vergleich zu einer Chemotherapie fallen die möglichen Nebenwirkungen einer Immuntherapie deutlich schwächer aus. Auf der Nebenwirkungs-Skala der Weltgesundheitsorganisation WHO, die von 0 bis 4 definiert ist, rangieren die Nebenwirkungen von Chemotherapien zwischen 2 und 4. Die Nebenwirkungen von Immuntherapien sind zwischen 0 und 2 angesiedelt. Bei der Impfvariante kann es wie bei anderen Impfungen auch, zu Erstreaktionen kommen. Krebstumore bedienen sich der körpereigenen Signalwege, um eine Immunabwehr zu blockieren. „Wenn wir die Bremse dieser sogenannten Checkpoint-Inhibitoren lösen, reagiert das Immunsystem mit voller Stärke – auf den Tumor, aber in ungünstigen Fällen auch auf andere Organe. Daher ist es wichtig, die Immuntherapie so genau wie möglich auf die Tumorzellen auszurichten“, betont Dr. Stücker.

Kombination mit anderen Krebstherapien möglich

„Früher wurden Immuntherapien erst ganz zum Schluss ausprobiert, wenn alle anderen Therapieversuche erfolglos waren“, erklärt Dr. Stücker. „Das war schwierig, weil der Körper durch die erfolgten Therapien bereits geschwächt war. Heutzutage beginnt man z.B. bei Bronchialkarzinomen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind,  gleich mit der Immuntherapie, weil man festgestellt hat, dass auf diese Weise behandelte Patienten eine deutlich längere Überlebenszeit aufweisen. Das gilt gerade auch für ältere Menschen.“ Ist das Immunsystem bereits aktiviert, hilft es mit, falls zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Chemo- oder Radiotherapie zur Anwendung kommt.

Vielseitige Immunreaktionen ausnutzen

Unser Immunsystem reagiert nur gegen neue, also fremde oder potentiell gefährliche Strukturen. Am IOZK versuchen Dr. Stücker und sein Team in einem bestimmten Verfahren zunächst, das Immunsystem durch eine Impfung auf ein bestimmtes Virus aufmerksam zu machen. Dieses spezielle Virus kann nur Tumorzellen befallen. Gesunde Zellen besitzen einen natürlichen Abwehrmechanismus. Daher attackiert das Immunsystem später lediglich die befallenen Krebstumore. Ein anderer Ansatz nutzt die Fähigkeit der Tumorzellen, Immunzellen abzuwehren. Manche Tumorzellen produzieren ein Protein (PD-L1), das angreifende Immunzellen daran hindert, die Tumorzellen zu zerstören. „Mit Hilfe der Immuntherapie können wir den angreifenden Immunzellen aber sozusagen einen Helm aufsetzen, so dass sie nicht vom PD-L1 ausgeschaltet werden und können dann ihrerseits die Tumorzellen angreifen.“

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