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Präzisionsoperation in der Tiefe des Gehirns

Schädelbasistumore

Bei Tumoren in der Schädelbasis kommt es darauf an, die unerwünschten Strukturen zu entfernen, ohne Nerven, Blutbahnen oder gesundes Hirngewebe zu beeinträchtigen.

Susanne Amrhein, Primo Medico

Unser knöcherner Schädel enthält nicht nur die Gehirnmasse, sondern hier verlaufen auch viele wichtige Blutbahnen und Nerven auf engstem Raum. Wenn an der Schädelbasis, im unteren Teil der Schädelhöhle, gutartige oder bösartige Tumore (Krebs) entstehen, können diese verschiedene Beschwerden auslösen: Von Kopfschmerzen bis hin zu Seh-, Hör- und Geschmackseinschränkungen. Prof. Dr. med. Helmut Bertalanffy ist Spezialist für Neurochirurgie und Direktor des International Neuroscience Instituts Hannover. Er betont: Ein gutartiger Schädelbasistumor muss nicht unbedingt harmloser sein als ein bösartiger. „Raumfordernd können sowohl gutartige als auch bösartige Tumore sein. Beide wachsen auf Kosten des Gehirns, auch wenn sich gutartige in der Regel langsamer ausdehnen. Problematisch wird es, wenn sie Strukturen wie den Sehnerv einengen oder in den Hirnstamm hineinwachsen.“ Die gute Nachricht: In den meisten Fällen können die Tumore chirurgisch entfernt werden.

Schädelbasistumore radikal aber schonend entfernen

Die Schwierigkeit ist, den richtigen Zugang zu den Tumoren zu finden. „Unser erklärtes Ziel ist ja, den Tumor möglichst radikal zu entfernen und die spezifischen Symptome zu beseitigen, bzw. zumindest zu verbessern. Allerdings kann man Blutgefäße und Nerven nicht einfach so beiseite schieben, wie z.B. die Leber bei einer Bauchoperation“, so der international renommierte Neurochirurg. Wichtig sei daher im Vorfeld eine präzise Bildgebung mittels MRT (Magnetresonanztomografie) und CT (Computertomografie). Je nach Lage des Tumors stehen weitere Untersuchungen durch einen Facharzt für Augen- bzw. Ohrenheilkunde an. Bei Verdacht auf ein Hypophysenadenom, einem Tumor in der Hirnanhangsdrüse, sollten auch die Hormonwerte überprüft werden. „Selbst wenn die Voruntersuchungen ergeben, dass wir aufgrund seiner Lage nur die Hälfte des Schädelbasistumors operativ entfernen können, gewinnt man Raum zurück. Gleichzeitig mindert man die Auswirkungen und kauft sich Lebensqualität und Zeit“, erklärt Prof. Bertalanffy. Anders ist es bei Patienten, die aufgrund ihres hohen Alters oder anderen, schwerwiegenden Erkrankungen keinen nennenswerten Vorteil von einer Operation hätten. „Wenn das Risiko zu hoch ist oder die Gefahr droht, dass der Patient nicht mehr hören, sehen oder schmecken kann, dann ist eine Operation keine gute Option.“

Kontrolluntersuchungen während der OP

Die chirurgische Entfernung eines Schädelbasistumors kann individuell äußerst unterschiedlich verlaufen – auch wenn ein Neurochirurg mit der jahrzehntelangen Erfahrung von Prof. Bertalanffy den Eingriff ausführt. „In einigen Fällen ist die Operation nach 2 Stunden abgeschlossen. In anderen dauert es bereits ein bis zwei Stunden, bis wir den Tumor überhaupt erreicht haben und anfangen können. OP-Zeiten von 6-8 Stunden sind keine Seltenheit.“ Je nachdem, wo sich der Tumor in der Schädelbasis befindet, operiert er zum Teil im Wechsel oder auch vierhändig, unterstützt von HNO- oder Kieferchirurgen. Während der Eingriffe, die in der Regel mikrochirurgisch erfolgen, stehen dem Team im OP modernste Kontrolltechniken zur Verfügung. „Unser Operationssaal ist unter anderem mit einem hochauflösenden Kernspintomografen ausgestattet, so dass wir währen des Eingriffs überprüfen können, wie viel Tumorgewebe wir bereits entfernt haben. Diese intraoperative Bildgebung ermöglicht auch die präzise Neuronavigation, bei der ein Computersystem die Operationsgeräte aufgrund aktueller Bilder und zuvor aufgenommenen Patientenkoordinaten genauestens lokalisieren kann.

Kaum belastend für den Patienten

Der Eingriff selbst erfolgt in Vollnarkose. Nennenswerte Schmerzen leidet der Patient auch nach der Operation nicht. „Das Belastende an der Operation ist die ungewöhnliche Lagerung des Patienten. Um die Schädelbasis bestmöglich zu erreichen, wird er sitzend oder halbsitzend operiert, wobei der Kopf vornüber gebeugt fixiert wird“, erklärt Prof. Bertalanffy. Diese ungewohnte Haltung über mehrere Stunden kann zu Muskelschmerzen und Verspannungen führen. Für den Fall, dass während des Eingriffs Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis), austritt, entsteht im Hirn ein Unterdruck, der zu Kopfschmerzen und Übelkeit führt, aber nach wenigen Tagen von selbst wieder verschwindet. „In der Regel können die Patienten die Klinik nach 8-10 Tagen wieder verlassen und nach etwa 4-6 Wochen auch wieder arbeiten“, betont Neurochirurg Bertalanffy. Nur äußerst selten seien anschließend Reha-Maßnahmen notwendig.

Rückgewinnung von Lebensqualität

In den meisten Fällen können Schädelbasistumore allein durch eine Operation beseitigt, bzw. ihre Symptome stark eingedämmt werden. Aber selbst wenn der Tumor nicht vollständig entfernt werden konnte, heißt das nicht, dass die Heilung nicht weiter fortschreiten könne. „Es kommt durchaus vor, dass wir Patienten zwei oder drei Mal operieren. In einigen Fällen bietet es sich auch an, nach dem operativen Eingriff eine Radio- oder Chemotherapie anzuschließen“, rät Prof. Bertalanffy. Gerade im Bereich der Radiotherapie habe es bedeutende Fortschritte gegeben, so dass diese heutzutage präziser und schonender wirkt. Große Hoffnungen setzt der Neurochirurg in die Prophylaxe und Früherkennung von Schädelbasistumoren, am besten per Bluttest. Denn je früher Schädelbasistumore entdeckt werden, wenn sie noch klein und klar abgegrenzt sind, desto einfacher sind sie zu operieren.

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