Privatbehandlung als Kassenpatient: So klappt der Weg in die Privatklinik
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PRIMO MEDICO Fachredaktion
“Der nächste freie Termin ist erst in 3 Monaten” oder “Tut mir leid, wir nehmen keine neuen Patienten mehr auf” – diese frustrierenden Antworten haben viele gesetzlich Versicherte schon einmal gehört.
Ende 2024 hat auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen kritisiert, dass Kassenpatienten oft 6 Wochen und mehr auf einen Termin in einer Facharztpraxis warten müssen, während Privatpatienten bevorzugt werden.
Kein Wunder, dass sich viele Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) wünschen, sie könnten ebenfalls in den Genuss von Privatbehandlungen kommen. Lesen Sie hier, in welchen Fällen das möglich ist, welche Kosten auf Sie zukommen und worauf Sie achten sollten.
Was bedeutet Selbstzahler im Gesundheitswesen?
Auch Kassenpatienten können als sogenannte Selbstzahler Leistungen von Privatmedizinern in Anspruch nehmen. Genau wie Privatpatienten erhalten sie nach dem Praxis- oder Klinikbesuch eine Rechnung, die sie begleichen müssen. Privatversicherte erhalten den ausgelegten Betrag anschließend von ihrer Versicherung erstattet. Dies ist bei Kassenpatienten in der Regel nicht der Fall – sie tragen die vollständigen Kosten selbst.
Was Sie über eine Privatbehandlung als Kassenpatient wissen sollten
Sie möchten Ihre Beschwerden rasch abklären lassen und nicht lange auf einen Termin warten? Sie überlegen, sich als Kassenpatient in einer Privatklinik behandeln zu lassen – sind aber unsicher, ob es das richtige für Sie ist?
Vor einer Terminvereinbarung ist es hilfreich, die wichtigsten Punkte einer Privatbehandlung als Selbstzahler zu kennen – von den medizinischen Vorteilen bis hin zu den Kosten und Abläufen.
Vorteile einer Privatbehandlung als Kassenpatient
- Schnellere Termine: Viele Arztpraxen bieten Selbstzahlern und Privatpatienten bevorzugte Termine an, was die Wartezeit deutlich reduzieren kann.
- Individuelle Betreuung: Privatpatienten oder Selbstzahler werden oft intensiver betreut, da mehr Zeit für die Behandlung zur Verfügung steht. Häufig können sie wählen, von welcher Ärztin oder welchem Arzt sie behandelt werden möchten. Diese Möglichkeit besteht auch bei einer Zusatzversicherung für eine “Chefarztbehandlung” im Krankenhaus.
- Personalisierte Behandlung: Ärzte bieten Selbstzahlern häufig eine persönliche Beratung und maßgeschneiderte Therapieoptionen an, da diese nicht an die Vorgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen gebunden sind. Dies umfasst auch alternative Heilmethoden, spezielle Diagnostikverfahren oder modernere Therapiemöglichkeiten.
- Transparente Behandlungen und Kosten: Diagnose- und Behandlungsschritte sowie die damit verbundenen Kosten werden im Vorfeld besprochen und in der Regel vertraglich festgehalten.
Was Kassenpatienten zusätzlich beachten sollten
- Kosten: Gesetzlich Versicherte tragen die Kosten einer Privatbehandlung in der Regel selbst. In manchen Fällen gibt es jedoch Möglichkeiten der (Teil-)Erstattung durch Zusatzversicherungen oder individuelle Vereinbarungen mit der Krankenkasse.
- Behandlungsqualität: Die Qualität einer Privatbehandlung hängt – wie in jeder Klinik – von verschiedenen Faktoren ab. Eine sorgfältige Auswahl der Klinik und des behandelnden Arztes kann dabei helfen, die bestmögliche Entscheidung zu treffen.
- Versicherungsschutz: Bei Privatbehandlungen greift der gesetzliche Versicherungsschutz nicht automatisch. Es kann sinnvoll sein, sich im Vorfeld über mögliche Absicherungen oder alternative Behandlungsmöglichkeiten zu informieren.
- Individuelle Entscheidung: Eine Privatbehandlung kann zusätzliche Optionen eröffnen. Eine ärztliche Zweitmeinung oder ein Beratungsgespräch können helfen, die individuell beste Lösung zu finden.
Eine sachliche Kosten-Nutzen-Abwägung hilft Ihnen bei der Entscheidung, ob Sie als Kassenpatient eine Privatklinik oder -praxis aufsuchen oder nicht.
Falls Sie nach einer bestimmten Fachrichtung oder einem Spezialisten suchen, finden Sie in dieser Übersicht über spezialisierte Kliniken und Fachärzte zahlreiche Einrichtungen für die unterschiedlichsten medizinischen Bereiche.
Was kostet eine Privatbehandlung?
Wenn gesetzlich Versicherte Privatbehandlungen in Anspruch nehmen, müssen Sie diese selbst bezahlen. Oder sie müssen eine Zuzahlung leisten, wenn die gewünschte Untersuchung oder Behandlung über den Erstattungsbetrag der GKV hinausgeht. Vielen Kassenpatienten sind die “individuellen Gesundheitsleistungen” (IGeL-Leistungen) bekannt, die ergänzend in verschiedenen Arztpraxen angeboten und empfohlen werden.
Kosten für Privatbehandlungen schwanken je nach Arzt und Leistung zwischen niedrigen zweistelligen und hohen vierstelligen Summen.
Beispiele für typische Kosten und Zuzahlungen bei Privatbehandlungen
- Hausarztpraxis – einfacher Sprechstundenbesuch: ca. 30 bis 70 Euro
- Hausarztpraxis – erweiterter Check-up: 100 bis 200 Euro
- Zahnarztpraxis – professionelle Zahnreinigung: 70 bis 130 Euro
- Gynäkologische Praxis – Ultraschall und Mammografie: 40 bis 150 Euro
- Augenärztliche Praxis – Glaukom-Früherkennung (Grüner Star): 20 bis 140 Euro
Wichtig zu wissen:
- In einigen Fällen addieren sich vermeintlich geringe Selbstzahlerkosten zu höheren Summen, etwa wenn neben einem beratenden Gespräch Laboruntersuchungen oder andere diagnostische Verfahren erforderlich sind.
- Privatmediziner können keine bezuschussten Kassenrezepte ausstellen – Selbstzahler tragen die Kosten für verordnete Medikamente selbst.
Informieren Sie sich daher vor einem Besuch in einer privaten Arztpraxis oder einer Privatklinik über die damit verbundenen Kosten.
Legt der Arzt die Preise für Selbstzahler fest?
Ärzte können natürlich entscheiden, ob und welche Selbstzahler-Leistungen sie anbieten. Aber die Preise können sie nicht selbst festlegen. Sie sind an die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) gebunden: In diesem Katalog sind sämtliche medizinische Leistungen und die damit verbundenen Entgelte aufgelistet. Damit Privatversicherte und Selbstzahler die in Rechnung gestellten Kosten nachvollziehen können, müssen sämtliche Positionen vollständig ausgewiesen werden.
Tipp: Patientinnen und Patienten sollten einen Behandlungsvertrag abschließen, in dem genau festgehalten ist, welche medizinischen Leistungen erfolgen sollen und berechnet werden, um überraschende Zusatzkosten zu vermeiden.
Privatbehandlung für Kassenpatienten: Rechte und Möglichkeiten
Wie Sie inzwischen wissen, können auch gesetzlich Versicherte Privatpraxen oder Privatkliniken aufsuchen und sich dort untersuchen oder behandeln lassen. Dabei ist es üblich, sich schon bei der Terminvergabe nach möglichen Kosten zu erkundigen. Ärzte und Praxismitarbeiter sind zur Aufklärung und Transparenz verpflichtet. In der Regel werden daher vor Diagnose und Behandlung Kostenvereinbarungen getroffen, die für beide Seiten verbindlich sind.
Häufig sind Terminschwierigkeiten ein Grund, warum Kassenpatienten Privatkliniken aufsuchen. Wenn eine Behandlung aus medizinischen Gründen dringend erforderlich ist, gesetzlich Versicherte aber keinen zeitnahen Termin erhalten und daher auf eine Privatpraxis ausweichen, kann bei der gesetzlichen Krankenversicherung eine Kostenübernahme beantragt werden – im besten Fall wird diese bewilligt, eine Garantie gibt es natürlich nicht.
Auch als Kassenpatient: Behandlung wie Privatpatient
Für die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten gilt das sogenannte Sachleistungsprinzip: Das bedeutet, dass die Krankenkasse die Kosten direkt mit den Arztpraxen und Kliniken abrechnet.
Allerdings können Sie auch bei Ihrer gesetzlichen Krankenversicherung auf das Prinzip der Kostenerstattung umstellen. Sie werden dann von den Praxen oder Krankenhäusern wie privat Versicherte behandelt und erhalten anschließend eine Rechnung. Diese müssen Sie zunächst bezahlen. Anschließend können Sie den Betrag zur Erstattung bei Ihrer Versicherung einreichen. Für das Prinzip der Kostenerstattung können auch nur einzelne Bereiche ausgewählt werden, wie stationäre Krankenhausaufenthalte oder zahnärztliche Leistungen.
Sie ahnen es – jetzt kommt das große “aber”: Versicherte müssen bei der Wahl der Kostenerstattung in der Lage sein, jederzeit auch höhere Kosten für ärztliche Behandlungen auszulegen. Zudem übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung nur die Behandlungskosten, die sie nach dem Sachleistungsprinzip erstatten würde. Diese Pauschalbeträge sind in der Regel niedriger als die Kosten, die Ärzte nach der GOÄ oder GOZ abrechnen. Auf der Differenz bleiben die Versicherten bei einer Kostenübernahme-Vereinbarung sitzen.
Alternativ besteht die Möglichkeit für Kassenpatienten, für bestimmte Privatbehandlungen Zusatzversicherungen abschließen.
Privatbehandlung und Zusatzversicherungen: Wann lohnt sich der Abschluss?
Neben IGeL-Leistungen, die in vielen Arztpraxen angeboten werden, gibt es mittlerweile ein breitgefächertes Angebot an Zusatzversicherungen, die auch die Kosten einer Privatklinik für gesetzlich Versicherte übernehmen.
Beispielsweise gibt es Anbieter, die bei dem Wechsel in das Kostenerstattungs-Modell der GKV die Differenz zwischen Erstattungs- und Rechnungsbetrag übernehmen. Andere Versicherer bieten Tarife für die prophylaktische Zahnreinigung, Krankenhaustagegeld oder andere Zusatzleistungen an. Allerdings sollten Sie im Einzelfall abwägen, ob der Nutzen für Sie groß genug ist, um sowohl die gesetzlichen Krankenkassenbeiträge als auch die Kosten für die Zusatzversicherung zu tragen.
Auch in vielen Kliniken gibt es mittlerweile kostenpflichtige Wahlleistungen. Dazu gehören beispielsweise:
- Wahl einer bestimmten Unterkunft: Sie können entscheiden, ob sie in einem Einzel- oder Doppelzimmer untergebracht werden. Normalerweise werden Patienten im Krankenhaus bestenfalls in einem Zweibettzimmer einquartiert bzw. abhängig von der Verfügbarkeit des nächsten freien Zimmerplatzes.
- Ärztliche Wahlleistung: Üblicherweise werden Patienten von den wechselnden diensthabenden Ärzten betreut. Durch eine zahlungspflichtige Zusatzleistung haben Sie die Möglichkeit, eine Behandlung durch den Chefarzt, Oberarzt oder durch bestimmte Spezialisten zu wählen.
- Medizinische Wahlleistung: Dies können ergänzende oder alternative Leistungen sein, wie bestimmte Implantate, zusätzliche Laboruntersuchungen oder Schönheitsoperationen, die Sie dann selbst bezahlen müssen.
Der Abschluss einer privaten Zusatzversicherung kann sich lohnen, wenn Sie als Kassenpatient regelmäßig erweiterte Leistungen in Anspruch nehmen möchten, die von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht abgedeckt werden. Insbesondere bei häufigen Arztbesuchen oder geplanten Behandlungen können Zusatzversicherungen langfristig Kosten sparen. Wichtig ist jedoch, die Tarife und Leistungen der Versicherungen sorgfältig zu vergleichen, um sicherzustellen, dass die Police tatsächlich den eigenen Bedürfnissen entspricht.
Wenn Sie dagegen nur gelegentlich von Privatbehandlungen profitieren möchten, kann es günstiger sein, die Kosten im Einzelfall selbst zu tragen, statt eine Versicherung abzuschließen.
Checkliste: Was sollte ich als gesetzlich versicherte Person vor einer Privatbehandlung beachten?
Wenn Sie in Erwägung ziehen, als Kassenpatient eine Behandlung wie ein Privatpatient anzustreben, sollten Sie die folgenden drei Schritte beherzigen.
- Kostenvoranschlag: Fordern Sie vor einer Privatbehandlung unbedingt einen detaillierten Kostenvoranschlag von der Praxis oder der Klinik an. So erhalten Sie einen Überblick über die voraussichtlichen Ausgaben und können besser planen, ob Sie die Kosten tragen können und möchten. Achten Sie darauf, dass der Kostenvoranschlag transparent nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. Zahnärzte (GOZ) erstellt wurde, um unerwartete Mehrkosten zu vermeiden.
- Nutzenanalyse: Bewerten Sie den tatsächlichen medizinischen Nutzen der Privatleistung und lassen Sie sich genau erklären, warum die Behandlung notwendig oder empfehlenswert ist. Überlegen Sie, ob die Privatbehandlung Ihnen gesundheitlich oder in Bezug auf Ihre Lebensqualität tatsächlich einen Vorteil bringt. Im Zweifelsfall kann eine Zweitmeinung dabei helfen, Ihre Entscheidung abzusichern.
- Alternativen prüfen: Erkundigen Sie sich, ob es vergleichbare Behandlungen gibt, die ohne zusätzliche Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Wenn keine Alternative vorhanden ist, können Sie gezielt abwägen, ob die Privatbehandlung die beste Option für Sie ist.
Tipp: Falls Sie mehr darüber erfahren möchten, wie Sie die richtige Klinik für Ihre Bedürfnisse finden, werfen Sie einen Blick in unseren Leitfaden Beste Klinik. Dort erhalten Sie weiterführende Informationen und praktische Tipps für Ihre Kliniksuche.
Quellenangaben:
- Klagen über Diskriminierung von gesetzlich Versicherten, tagesschau.de,
- Link [https://www.tagesschau.de/inland/krankenkassen-termine-diskriminierung-100.html]
- Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenkasse: kaum echter Nutzen, Verbraucherzentrale.de, Link [https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/krankenversicherung/kostenerstattung-in-der-gesetzlichen-krankenkasse-kaum-echter-nutzen-55331
- Patientenschützer kritisieren lange Wartezeiten bei Kassenpatienten, SZ.de, Link [https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/krankenkassen-arzttermin-wartezeit-patienten-1.5889719]
- Termin für Selbstzahler: Das kostet der Arztbesuch, Berliner Morgenpost, Link [https://www.morgenpost.de/ratgeber-wissen/article407191577/termin-fuer-selbstzahler-das-kostet-der-arztbesuch.html