Rechtzeitige OP kann Gelenke retten
Zentrum für Fußchirurgie Wiesbaden
Dr. med. Markus Preis und Dr. med. Katrin Diener
Fußchirurgie
Zum ProfilRheumachirurgie
80 Prozent der neuauftretenden rheumatischen Schübe machen sich am Fuß bemerkbar: Die Gelenke schmerzen und schwellen an. Verschieden Verfahren der Rheumachirurgie können verhindern, dass die immer wiederkehrenden Entzündungen die Gelenke zerstören, sagt Dr. med. Markus Preis, Spezialist für Fußchirurgie sowie Mitinhaber und leitender Arzt der Orthopädischen Gemeinschaftspraxis an der HELIOS Aukamm-Klinik in Wiesbaden.
Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO
Welche Rheuma-Symptome am Fuß erfordern einen chirurgischen Eingriff?
Dr. Preis: „Selbst wenn die medikamentöse Rheumatherapie greift, leiden einige Patienten dennoch unter geschwollenen Gelenke und Schmerzen. Manchmal ist dies der Fall, wenn das Gelenk neben der rheumatischen Erkrankung zusätzlich durch eine Arthrose belastet ist. Selbst bei einer gut eingestellten Basis-Therapie führen die ständigen Entzündungen dazu, dass die Gelenke nach und nach zerstört werden. Hier ist es möglich, die entzündliche Schleimhaut zu entfernen, z.B. im oberen Sprunggelenk (OSG) oder in den Zehengelenken. Wichtig ist es, die Statik zu rekonstruieren und den Fuß aufzurichten. Wenn die Entzündungsreaktionen anhalten bzw. bereits die Gelenkkapsel und die Bänder zerstören, kann eine Versteifung (Arthrodese) helfen, die Stabilität zu retten. Besser für das Gangbild ist natürlich bei zerstörtem oberen Sprunggelenk eine Prothese. Wir haben in den vergangenen Jahren sehr viel gelernt und erzielen im Rahmen der Rheumachirurgie hervorragende Ergebnisse. So können wir selbst bei Patienten mit fortgeschrittenem Rheuma im Vorfußbereich in den meisten Fällen noch gelenkerhaltend operieren.“
Kommen chirurgische Eingriffe bei Rheumapatienten jeden Alters in Frage?
Dr. Preis: „Bei Kindern und Jugendlichen wird nur im Ausnahmefall operiert, z.B. wenn zusätzlich zum Rheuma ein Knick-Senkfuß Beschwerden verursacht und die Statik gefährdet. Normalerweise ist bei jüngeren Rheumapatienten das vorrangige Ziel, die Entzündung zu kontrollieren.“
Welche Therapie erfordern typische Rheumafuß-Erkrankungen wie Hallux valgus oder Hammer- und Krallenzehen?
Dr.Preis: „Wir operieren nach den klassischen Verfahren, bei einem Hallux valgus z.B. mit einer Knochenumstellung, einer Weichteil- und Sehnenkorrektur. Auch wenn die Gelenkrekonstruktion immer im Vordergrund steht, müssen wir bei Rheumatikern immer eine Spur radikaler vorgehen, um auf lange Sicht eine gute Statik zu erhalten. In der Nachbehandlung sind wir dafür umso vorsichtiger und lassen unsere Patienten einen Gips- oder Schienenverband lieber zwei Wochen länger tragen, um sicher zu gehen, dass die Ausheilung auch tatsächlich abgeschlossen ist.“
Wie belastend sind Rheumachirurgische Eingriffe für die Patienten?
Dr. Preis: „Ich habe festgestellt, dass Rheumapatienten die dankbarsten Patienten überhaupt sind. Sie haben oft einen langen Leidensweg hinter sich und eine Operation ist für sie immer ein Gewinn. Noch in den 80er und 90er Jahren wurde vor allem medikamentös therapiert und vielleicht wurden zusätzlich orthopädische Einlagen verschrieben. In der jüngsten Zeit haben enorm viele Rheumatiker von der modernen Fußchirurgie profitiert.“
Warum ist eine Versteifung ein wichtiges Behandlungsverfahren bei rheumatischen Fußerkrankungen, obwohl sie die Bewegungsmöglichkeiten einschränkt?
Dr. Preis: „Viele Patienten haben Angst vor einer Versteifung, weil sie den natürlichen Bewegungsablauf beim Gehen behindert und weil dadurch die Belastung auf die Nachbargelenke übertragen wird, die infolgedessen häufig Arthrosen entwickeln. Auf der anderen Seite erreicht man durch eine Arthrodese eine maximale Stabilität. Für das obere Sprunggelenk (OSG) bieten sich für Rheumatiker allerdings vor allem Prothesen an. Ich führe seit 15 Jahren eine eigene Statistik und kann bei OSG-Prothesen sowohl eine Erfolgsquote von über 90 Prozent nachweisen als auch Standzeiten von 10 Jahren. Ich hatte bei einer Frau, die im Alter von 20 Jahren unter den Folgen eines schweren, juvenilen Rheumas litt, in einer Operation beide Sprunggelenke durch Prothesen ersetzt. Heute, etwa sieben Jahre später, hat sie nicht nur ihren Masterstudiengang abgeschlossen, sondern wandert und fährt aktiv Ski. Besser geht es nicht!“
Wie nachhaltig sind rheumachirurgische Operationen am Fuß?
Dr. Preis: „Wenn man es etwas zynisch formuliert, könnte man sagen: Bei einer fortgeschrittenen rheumatischen Erkrankung, bei der die Fußgelenke angegriffen werden, kann der Patient schon mal eine Zehnerkarte für den OP lösen. Es ist leider individuell unterschiedlich und sehr schwer vorherzusagen, wie der rheumatische Prozess und dessen Folgen sich entwickeln. Tatsache ist aber: Wenn man nichts macht, wird es noch schlimmer. Und eine Versteifung oder eine Prothese beseitigen das Problem immerhin für Jahre oder sogar Jahrzehnte. Was sich sehr positiv entwickelt hat, ist die Zusammenarbeit mit den rheumatologischen Internisten. Eine rheumatische Erkrankung sollte immer interdisziplinär behandelt werden, auch unter Einbeziehung von Orthopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten. Gemeinsam kann dann in Absprache mit den Patienten entschieden werden, ob noch Zeit bleibt, um den Prozess abzuwarten oder ob lieber schnell operiert werden sollte, um die Zerstörung der Gelenke aufzuhalten.“
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