Schonende Behandlung bei gutartiger Prostatavergrößerung
Benigne Prostatahyperplasie
Bei jedem zweiten Mann ab 50 Jahren ist die Prostata vergrößert. Bei Beschwerden kann eine Embolisation, ein künstlicher Verschluss der versorgenden Blutgefäße, das Wachstum der Prostata und ihre Auswirkungen hemmen, erklärt Prof. Dr. med. Johannes T. Heverhagen, Spezialist für Radiologie, Direktor und Chefarzt im Universitätsinstitut für Diagnostische, Interventionelle und Pädiatrische Radiologie im Inselspital – Universitätsspital Bern.
Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO
Wie hilft eine Embolisation bei gutartiger Prostatavergrößerung?
Prof. Heverhagen: „Bei vielen Männern mit vergrößerter Prostata ist der Harnstrahl abgeschwächt. Dadurch wird die Blase nicht richtig entleert. Die Folge ist häufiges Wasserlassen, was vor allem nachts zu einer großen Belastung werden kann: Einige Männer müssen 10 Mal pro Nacht aufstehen und zur Toilette gehen. Von diesen Problemen sind 70 Prozent der Männer über 60 Jahren betroffen. Eine Embolisation kann das Wachstum der Prostata stoppen und die Größe verringern, so dass auch die Beschwerden zurückgehen.“
Wie funktioniert das Embolisationsverfahren?
Prof. Heverhagen: „Wir führen einen Katheter in die Prostata-versorgende Arterie ein und verschließen das Gefäß mit kleinen Plastik-Kügelchen. Der Verschluss schränkt die arterielle Blutversorgung ein und das überflüssige Prostatagewebe stirbt ab, so dass die Prostata schrumpft.“
Podcast Prostatahyperplasie
Wie läuft eine Embolisation ab?
Prof. Heverhagen: „Bei Beschwerden, die den Verdacht nahelegen, dass sie durch eine vergrößerte Prostata verursacht werden, erfolgt zunächst eine Untersuchung beim Urologen. Wenn eine Embolisation sinnvoll erscheint, werden in einer Prostata-MRT (Magnetresonanztomographie) das Volumen der Vorsteherdrüse und die versorgenden Gefäße dargestellt, um den bestmöglichen Zugang zu wählen. Nach der erfolgten Embolisation bleiben die Patienten noch einige Stunden zur Überwachung im Spital. Hier wird vor allem kontrolliert, dass es durch den Einstich in die Leistenarterie zu keiner Blutung kommt. Wenn alles ohne Komplikationen verläuft ist im Anschluss keine spezielle Schonung erforderlich. Nach 2 bis 3 Monaten erfolgt eine weitere MRT-Kontrolle, um den Behandlungserfolg zu überprüfen. Gleichzeitig wird mit dem Patienten der Rückgang der Symptome besprochen. Falls notwendig, kann eine weitere Embolisation erfolgen.“
Wie häufig muss eine Embolisation wiederholt werden?
Prof. Heverhagen: „In 5 bis 10 Prozent der Fälle ist eine Wiederholung notwendig. Das ist zum Glück kein Problem: Das Verfahren der Embolisation kann unbegrenzt wiederholt werden. Ob eine erneute Embolisation erforderlich ist, hängt zum einen davon ab, wie erfolgreich der erste Eingriff verlaufen ist. Zum anderen bleibt aber das natürliche Prostatagewebe im Körper erhalten, so dass trotz erfolgreicher Embolisation erneut eine Vergrößerung der Prostata möglich ist.“
Wie belastend ist diese Behandlung für die Patienten?
Prof. Heverhagen: „Das einzig Unangenehme ist, dass der Patient zwischen 2 und 4 Stunden auf dem Behandlungstisch liegen muss. Der Vorgang der Embolisation mag unangenehm klingen, ist aber schmerzfrei und bedarf keinerlei Narkose oder Beruhigungsmittel. Wir betäuben lediglich die Einstichstelle für den Katheter in der Leiste.“
Welche Nebenwirkungen können auftreten – vor allem in Bezug auf die Potenz?
Prof. Heverhagen: „Bei den klassischen Operationsverfahren sind die negativen Auswirkungen auf die Potenz relativ hoch ist. Dagegen wurden in Studien zu Embolisationsverfahren keine Potenzprobleme festgestellt. Hier werden anders als bei einer Operation weder die Nerven noch das Harnverhalten beeinträchtigt. Als geringgradige Nebenwirkung kann es kurzzeitig nach der Behandlung zu etwas Blut im Urin kommen.“
Gibt es Ausschlusskriterien für eine Embolisation?
Prof. Heverhagen: „Viele benigne Prostata-Hyperblasien bleiben unbemerkt und verursachen keinerlei Probleme. Eine Therapie wird daher erst dann eingeleitet, wenn Beschwerden auftreten, die mit einem gewissen Leidensdruck für die Patienten verbunden sind. Eine Embolisation kommt nicht in Frage, wenn es sich um ein bösartiges Prostatakarzinom handelt oder akute Entzündungen der Prostata und der Harnwege vorliegen. Bei schwer kranken Patienten stellt sich die Frage, ob nicht vielleicht andere, dringendere Probleme im Vordergrund stehen, die zuerst behandelt werden sollten. Vorsicht geboten ist außerdem bei Patienten, die blutverdünnende Medikamente einnehmen.“
Könnte die Embolisation künftig auch bei bösartigen Prostatakarzinomen angewandt werden?
Prof. Heverhagen: „Davon gehe ich aus. Wir embolisieren bereits mit großem Erfolg Tumore in der Leber und den Nieren. Auch Studien zeigen eine gute Wirksamkeit. Allerdings handelt es sich um ein jüngeres Verfahren, so dass die Zulassung noch vorsichtig gehandhabt wird. Grundsätzlich ist es eine sehr schonende und zielgerichtete Behandlung mit geringen Nebenwirkungen. Da viele Prostatakarzinome langsam wachsen, ist mit Hilfe der Embolisation eine gute Kontrolle dieser Tumore zu erwarten.“
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