Schonende Herzklappen-OP mit dem Katheter
Aortenklappenoperation
Eine verengte oder nicht mehr richtig schließende Aortenklappe ist im Alter nicht ungewöhnlich. Als Alternative zur Operation am offenen Herzen kann ein notwendiger Eingriff auch minimalinvasiv mittels Katheter erfolgen, erklärt Prof. Dr. med. Roberto Corti, Spezialist für Kardiologie und Leiter der HerzKlinik Hirslanden in Zürich.
Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO
Wann muß eine Aortenklappe operiert werden?
Prof. Corti: „Es gibt verbindliche Leitlinien für die Behandlung von Herzklappenerkrankungen. Dies gilt sowohl für die Aortenklappenstenosen (Verengungen der Aortenklappe), als auch für Aortenklappeninsuffizienzen, (mangelhaftes Schließen der Aortenklappe). Diese sehen vor, dass eine Operation bei erst beim Erreichen einer hochgradigen Aortenklappenstenose und anhaltenden Beschwerden (wie Atemnot, Leistungseinschränkung, Angina Pectoris und Synkopen) indiziert ist. Neue Studien haben allerdings gezeigt, dass eine Operation ab einem bestimmten Schweregrad in jedem Fall sinnvoll ist, selbst wenn die Symptome, wie z.B. Atemnot, Müdigkeit, Schwindel und eine geringere Belastbarkeit, noch nicht sehr ausgeprägt sind. Für jeden einzelnen Patienten muss das individuelle Risiko beurteilt werden. Anschließend sollten die Ergebnisse in einem offenen und klaren Gespräch ausführlich mit dem Betroffenen erörtert werden. Natürlich führt die Aussicht auf eine Herzoperation, bei vielen zunächst zu einer Verunsicherung. Allerdings liegt das operative Risiko bei weniger als 1 Prozent. Während die Gefahr der Sterblichkeit bei Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenklappenstenose nach konservativem Vorgehen (ohne Operation) zwischen 1 und 2% pro Monat liegt. Diese Zahlen sprechen für sich.“
Inwiefern können moderne, minimalinvasive Operationsmethoden dazu beitragen, die Angst vor einer Herzklappenoperation einzudämmen?
Prof. Corti: „Je weniger invasiv und risikobehaftet das Verfahren ist, desto geringer ist natürlich auch die Angst der Patienten vor einem Eingriff. Bei vielen Aortenklappenerkrankungen ist eine minimalinvasive Behandlung mit einem Katheter möglich. Die offizielle Bezeichnung lautet ‚transcatheter aortic valve implantation’, zu Deutsch: Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI). Bei diesem Verfahren sind weder die Eröffnung des Brustkorbs noch die Herz-Lungen-Maschine erforderlich. Die neue Herzklappe wird mit Hilfe eines Katheters durch eine Blutbahn zum Herzen geführt. Es handelt sich um einen sehr schonenden Eingriff, bei dem die Patienten schnell wieder auf die Beine kommen und nur wenige Tage im Spital bleiben müssen.“
Wie läuft eine katheterbasierte Herzklappen-OP ab?
Prof. Corti: „Bei einer TAVI erfolgt der Zugang zu 95 Prozent über die Leistenarterie. Vor dort aus wird die neue Herzklappe mit Hilfe eines Katheters zum Herzen vorgeschoben und an die Stelle der defekten Klappe gesetzt. Dabei wird die natürliche Herzklappe nicht herausgeschnitten, sondern die neue Klappe wird einfach in sie hineingesetzt. Der große Vorteil dieser Methode ist, dass der Eingriff am schlagenden Herzen erfolgen kann. Es ist weder die Herz-Lungen-Maschine, noch eine Eröffnung des Brustkorbs erforderlich. Häufig ist nicht einmal eine Intubation notwendig, die während der Narkose zur künstlichen Beatmung dient. Wenn sie aufwachen, haben die Patienten also lediglich eine kleine Einstichwunde in der Leiste. Sie leiden weniger unter Schmerzen und kommen schnell wieder auf die Beine. Das ist natürlich bei Patienten im fortgeschrittenen Alter und mit anderen, schwerwiegenden Erkrankungen ein großer Vorteil.“
Kann eine Aortenklappe auch restauriert werden?
Prof. Corti: „Es gab vor 20 Jahren Versuche, verkalkte Aortenklappen zu reinigen. Das Verfahren hat sich nicht durchgesetzt. Denn der Kalk ist im Gewebe der Aortenklappentaschen eingelagert. Wird er entfernt, zerstört man gleichzeitig die Tasche. In einigen Fällen kann bei angeborenen Aortenklappenstenosen bei Kindern und Jugendlichen eine chirurgische Rekonstruktion erfolgen. Aber ansonsten ist dies im Vergleich zum Aortenklappenersatz eine sehr komplizierte und sehr seltene Methode.“
Kommt eine Herzklappen-OP per Katheter für alle Patienten in Frage?
Prof. Corti: „Immer mehr Daten zeigen, dass die Ergebnisse von katheterbasierten und offenen Verfahren nahezu gleich sind. Während wir vor 10 Jahren nur Hochrisikopatienten mit dem Katheter behandelt haben, operieren wir mit dieser Methode mittlerweile auch Patienten mit mittlerem oder sogar niedrigem Risiko. Die Voraussetzung ist, dass die anatomischen Verhältnisse passen. Bei einer asymmetrischen oder sehr starken Verkalkung der Aortenklappe kann es sein, dass die neue Klappe nicht richtig sitzt und daher eine Undichtigkeit (Insuffizienz) entsteht. In diesem Fall ist es sinnvoll, ein anderes chirurgisches Verfahren zu wählen. Das gilt auch, wenn nicht nur die Aortenklappe operiert, sondern auch Bypässe angelegt werden müssen. Die Entscheidung, welches Verfahren für die spezielle Patientenerkrankung sinnvoll ist, trifft bei uns in der Klinik das sogenannte ‚Heart-Team’, in dem Kardiologen und Herzchirurgen zusammenarbeiten. Es geht schließlich nicht darum, eine bestimmte Methode anzuwenden, sondern darum, das beste Ergebnis für den Patienten zu erzielen.“
Welche Komplikationen sind möglich?
Prof. Corti: „Das häufigste Risiko ist eine Blutung an der Zugangsstelle des Katheters. Die Patienten nehmen Blutverdünner ein, so dass in einigen Fällen die Gerinnung und damit der Verschluss der Wunde Schwierigkeiten bereitet. Die gefürchtetste Komplikation ist ein Schlaganfall. Das Risiko liegt aber lediglich bei 1 Prozent. Die Gefahr, dass durch den Eingriff am Herzen Störungen im Reizleitungssystem entstehen, die in Folge einen Herzschrittmacher erfordern, liegt bei weniger als 5 Prozent. Rupturen, also Risse am Herzen durch den Einsatz des Katheters, sind extrem selten geworden.“
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