Schwangerschaft und Risikofaktoren: Wann sollte ich einen Spezialisten aufsuchen?

PRIMO MEDICO Fachredaktion
Schwangerschaft und Risikofaktoren: Wann sollte ich einen Spezialisten aufsuchen?
Eine Schwangerschaft – das ist für die meisten Frauen und Paare mit großem Glück und freudiger Erwartung verbunden. Gleichzeitig ist es völlig normal, dass in dieser Zeit auch einige Ängste und Sorgen aufkommen. Eine Schwangerschaft ist mit großen Veränderungen verbunden und manchmal auch mit Risiken. Diese können durch vorhandene Erkrankungen, familiäre Belastungen oder den eigenen Lebensstil entstehen. Auch Komplikationen während der Schwangerschaft können ein Risiko nach sich ziehen.
Umso wichtiger ist es, die gesetzlich garantierten Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen, um mögliche Risikofaktoren in der Schwangerschaft auszuschließen oder festzustellen und ärztlich begleiten zu lassen. Hier erfahren Sie, welche Risiken und Warnsignale es gibt und wann Sie einen Facharzt aufsuchen sollten.
Die häufigsten Risikofaktoren in der Schwangerschaft – ein Überblick
Es gibt verschiedene Faktoren, die bei einer Schwangerschaft ein Risiko darstellen können. Wenn Sie bereits schwanger sind, werden Sie in der ersten Vorsorgeuntersuchung zu Beschwerden, früheren Erkrankungen oder auch Komplikationen bei vorherigen Schwangerschaften befragt. Die Auswertung dieser Befragung kann dazu führen, dass Sie als Risikoschwangere eingestuft werden.
Aber keine Panik: Etwa jede zweite Schwangerschaft gilt als Risikoschwangerschaft. Und trotz dieser Einstufung können sowohl das Austragen des Kindes als auch die Geburt vollkommen normal und ohne Komplikationen verlaufen. Insgesamt gibt es mehr als 50 Kriterien, die als Risikofaktoren in einer Schwangerschaft gelten. Dazu zählen:
- Alter: Sie sind älter als 35 oder jünger als 18 Jahre und erwarten Ihr erstes Kind.
- Bestehende Erkrankungen: Sie haben Diabetes oder leiden unter Bluthochdruck.
- Komplikationen bei früheren Entbindungen: Sie haben schon einmal per Kaiserschnitt entbunden, hatten eine Fehl-, Früh- oder Totgeburt.
- Sie erwarten Zwillinge oder Mehrlinge.
- Rhesusunverträglichkeit: Ihr Rhesusfaktor im Blut verträgt sich nicht mit dem des Kindes
- Erbkrankheiten.
- In Ihrer Familie gibt es genetisch bedingte Erkrankungen, die Sie auf das Kind vererben könnten.
Sofern ein oder mehrere Kriterien zutreffen, wird der Hinweis „Risikoschwangerschaft” im Mutterpass eingetragen.
Auch Komplikationen, die sich im Verlauf Ihrer Schwangerschaft ergeben, können Risikofaktoren für Sie und Ihr Kind darstellen:
- Blutungen
- Schwangerschaftsdiabetes
- Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung)
- starker Eisenmangel
- ein zu großes oder zu kleines Baby
- ungünstige Lage des Kindes
- vorzeitige Wehen
- Muttermundschwäche (Zervixinsuffizienz).
Falls diese Komplikationen eintreten, wird Ihre Schwangerschaft anschließend ebenfalls als Risikoschwangerschaft eingestuft.
Warnsignale in der Schwangerschaft: Symptome, die Sie ernst nehmen sollten
Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit, auch wenn sich vieles in Ihrem Körper verändert. Dennoch können während dieser Zeit Beschwerden oder Komplikationen auftreten, die Sie ärztlich abklären und behandeln lassen sollten. Sprechen Sie daher Ihre Frauenärztin, Ihren Frauenarzt oder Ihre Hebamme an, wenn Sie Beratung zu Ihrer Risikoschwangerschaft benötigen oder folgende Symptome feststellen:
- Anhaltende, starke Kopfschmerzen
- Fieber
- Atemprobleme
- Bauch- oder Unterleibsschmerzen
- Brustschmerzen oder Herzrasen
- Schwindelgefühl oder Ohnmacht
- Verschlechterung Ihres Sehvermögens
- Starke Übelkeit und Erbrechen
- Kindesbewegungen sind weniger oder gar nicht mehr zu spüren
- Vaginale Blutungen oder Austreten von Flüssigkeit
- Schmerzen, Schwellung, Rötung der Beine
- Schwellungen an Händen oder Gesicht
- Extreme Müdigkeit.
Auch wenn Sie Sorgen haben, unter Ängsten leiden oder darüber nachdenken, sich oder Ihr Kind zu verletzen, sollten Sie das Gespräch mit einer Spezialistin oder einem Spezialisten für Schwangerschaftsrisiken suchen.
Risikofaktoren in der Schwangerschaft: Wann ist ein Besuch beim Spezialisten unverzichtbar?
Damit Mutter und Kind die Schwangerschaft und Geburt sicher erleben können, gibt es regelmäßige Routineuntersuchungen im Abstand von jeweils einigen Wochen. Ziel dieser Schwangerenvorsorge ist, mögliche Gefahren für das ungeborene Kind und die Mutter möglichst rechtzeitig zu erkennen und bei Bedarf zu behandeln.
Die Untersuchungen werden von gynäkologischen Fachärztinnen und Fachärzten oder Hebammen vorgenommen. Aber auch bereits vor Eintreten einer Schwangerschaft gibt es Möglichkeiten, abzuklären, ob ein Kinderwunsch mit Risiken verbunden ist.
Risikofaktoren frühzeitig erkennen: Wie eine Planung vor der Schwangerschaft helfen kann
Wenn Sie Vorerkrankungen haben oder es bei einer früheren Schwangerschaft oder Geburt Komplikationen gab, ist es sinnvoll, bereits vor der Familienplanung Rat bei einem Spezialisten einzuholen. Es gibt Fachärztinnen und Fachärzte, die auf die Betreuung und Beratung bei Risikoschwangerschaften spezialisiert sind. Informationen zu dieser besonderen Qualifikation finden Sie in der Regel im Internet oder in den Arztpräsentationen renommierter medizinischer Netzwerke.
Bei Spezialisten für Schwangerschaftsrisiken werden Sie umfassend beraten, welche Schritte möglich und notwendig sind, um trotz etwaiger Vorbelastungen ein gesundes Kind zur Welt zu bringen. Auch falls Sie regelmäßig Medikamente einnehmen müssen, sollten Sie im Vorfeld abklären, ob und wie diese eine mögliche Schwangerschaft beeinflussen.
Pränataldiagnostik: Möglichkeiten der Risikoerkennung in der Schwangerschaft
Mit dem Begriff „Pränataldiagnostik” (PND) werden Untersuchungen der schwangeren Frauen und ihren Babys im Mutterleib bezeichnet. Falls eine Risikoschwangerschaft besteht oder es im Verlauf der Schwangerschaft Auffälligkeiten gibt, können mithilfe verschiedener Methoden mögliche Krankheiten oder Beeinträchtigungen des ungeborenen Kindes erkannt werden. Dabei wird zwischen nicht-invasiver und invasiver Pränataldiagnostik unterschieden.
Zur nicht-invasiven Pränataldiagnostik zählen:
- Ultraschall: Diese schmerzlosen Untersuchungen finden routinemäßig während der Schwangerschaft statt. Dabei können das Wachstum des Kindes kontrolliert werden und Hinweise auf mögliche Fehlbildungen und Behinderungen entdeckt werden. Ein Highlight für Sie: Während der Ultraschalluntersuchung können Sie einen ersten Blick auf Ihr ungeborenes Kind werfen.
- Nackentransparenz-Messung: Ebenfalls per Ultraschall über den Bauch der Mutter kann eine mögliche Flüssigkeitsansammlung im Nacken des Kindes bewertet werden. Größere Ausmaße können auf eine Chromosomenstörung, wie zum Beispiel Trisomie 21 (Down-Syndrom), oder eine andere Fehlentwicklung hinweisen.
- Erst-Trimester-Screening (ETS): Auf Basis von Blutwerten und dem Alter der Mutter sowie der Nackentransparenz-Messung erfolgt eine Abschätzung, ob ein erhöhtes Risiko für eine Chromosomenabweichung des Kindes oder für eine Präeklampsie (Bluthochdruck-Erkrankung) besteht.
- Nicht-invasiver Pränataltest (NIPT): Hier wird der schwangeren Frau Blut abgenommen, in dem sich auch genetische Informationen des ungeborenen Kindes befinden. Diese molekulargenetischen Bluttests gelten als sehr genau, wenn es um den Nachweis einer möglichen Trisomie 21, 18, 13 oder andere Veränderungen des kindlichen Erbguts geht.
Invasive Pränataldiagnostik beinhaltet weiterführende Untersuchungen, die in den Körper eingreifen:
- Plazenta-Punktion (Chorionzotten-Biopsie): Mit einer dünnen Nadel, die durch die Bauchdecke oder die Scheide in den Mutterkuchen eingeführt wird, können ebenfalls Chromosomenabweichungen oder Erbkrankheiten festgestellt werden. Das Risiko, durch die Plazenta-Punktion eine Fehlgeburt auszulösen, liegt bei 0,11 - 1 Prozent.
- Fruchtwasser-Untersuchung (Amniozentese): Auch hier wird mit einer dünnen Nadel durch die Bauchdecke der Mutter eine geringe Menge Fruchtwasser entnommen. Die darin enthaltenen Zellen des Kindes können Hinweise auf mögliche Chromosomenabweichungen und auch Erkrankungen wie den „offenen Rücken” (Spina Bifida) geben. Das Risiko für eine Fehlgeburt liegt – wie bei der Plazenta-Punktion – zwischen 0,11 und 1 Prozent, je nach Zeitpunkt der Fruchtwasser-Untersuchung.
- Nabelschnur-Punktion (Chrodozentese, Fetalblutentnahme): Bei der Suche nach speziellen Erb-, Blut- oder Infektionskrankheiten wird aus der Nabelschnur im Mutterleib kindliches Blut entnommen. Das Risiko, dass durch diesen Eingriff Komplikationen entstehen, liegt zwischen 1 und 3 Prozent und sinkt, je länger die Schwangerschaft andauert.
Wichtig zu wissen: Alle Untersuchen vor der Geburt sind freiwillig! Die genannten Verfahren der Pränataldiagnostik können ein Gefühl der Sicherheit vermitteln, ermöglichen allerdings keine 100-prozentig verlässliche Aussage. Daher sollten Eltern unbedingt die Chancen und Risiken der jeweiligen Untersuchung gegeneinander abwägen.
Welche Folgen hat eine Risikoschwangerschaft?
Wenn Risikofaktoren in einer Schwangerschaft vorliegen, heißt das noch lange nicht, dass eine Gefahr für Mutter oder Kind besteht. Viele Frauen erleben eine sogenannte Risikoschwangerschaft als vollkommen normal und die allermeisten bringen anschließend ein gesundes Kind zur Welt.
Der Vermerk im Mutterpass bewirkt allerdings, dass die werdende Mutter besonders umfassend betreut wird und bei der Wahl des Geburtsortes einiges beachten sollte.
Anspruch auf engmaschige Kontrollen und Untersuchungen
Werdende Mütter und ihr Kind werden im Rahmen der normalen Vorsorge alle 4 Wochen untersucht, in den letzten Monaten vor der Geburt alle zwei Wochen. Bei Risikoschwangerschaften kann dieses Intervall verkürzt werden. Zudem haben Frauen mit Risikofaktoren in der Schwangerschaft Anspruch auf sämtliche Verfahren der Pränataldiagnostik (nicht-invasiv und invasiv), um mögliche Erkrankungen oder Beeinträchtigungen des Kindes festzustellen.
Falls der Verdacht besteht, das Kind könnte eventuell zu früh auf die Welt kommen, kann auch schon in früheren Schwangerschaftswochen die Wehentätigkeit überprüft werden. Normalerweise ist ein Wehenschreiben (Kardiotokografie, CTG) erst ab etwa der 28. Schwangerschaftswoche vorgesehen.
Welche zusätzlichen Untersuchungen und Maßnahmen bei einer Risikoschwangerschaft sinnvoll sind, sollten Schwangere und Eltern mit einer Fachärztin oder einem Facharzt besprechen, die auf die Beratung bei Risikoschwangerschaften spezialisiert sind. Viele Sorgen und Ängste lassen sich in Gesprächen mit erfahrenen Medizinern und Hebammen oder durch engmaschige Kontrolluntersuchungen ausräumen.
Einschränkungen bei der Wahl des Geburtsortes und der Geburtshilfe
Bei Risikoschwangerschaften empfiehlt die Frauenärztin oder der Frauenarzt für die Geburt in der Regel eine Klinik mit besonderer medizinischer Ausstattung. Eine Hausgeburt oder die Niederkunft in einem Geburtshaus sind dagegen nicht in jedem Fall möglich.
Allerdings bieten auch klassische Krankenhäuser heutzutage angenehm gestaltete Geburtsräume an, die den Wünschen und Bedürfnissen der werdenden Mutter entsprechen. Gleichzeitig gewährleisten sie bei aufkommenden Problemen eine bestmögliche medizinische Versorgung für Mutter und Kind.
Je nachdem, welche Risikofaktoren bei einer Schwangerschaft festgestellt wurde, kann eine Geburtsklinik gewählt werden, die auf die besonderen Bedürfnisse von Mutter und Kind eingestellt ist. Bei der Anmeldung wird anhand der Einträge im Mutterpass überprüft, ob das jeweilige Krankenhaus oder Perinatalzentrum entsprechende Leistungen anbietet.
Perinatalzentren sind in die Stufen 1 - 4 eingeteilt. Während für unkomplizierte Schwangerschaften ohne erwartete Komplikationen ein Perinatalzentrum Stufe 4 ausreicht, stehen in einem Perinatalzentrum Stufe 1 Ärztinnen und Ärzte bereit, die auf die (Notfall-) Behandlung von Neu- und Frühgeborenen oder kranken Kindern spezialisiert sind. Diese Zentren verfügen auch über spezielle Intensivstationen für Neugeborene.
Fazit: So handeln Sie bei Risikofaktoren in der Schwangerschaft richtig
Viele Frauen erhalten die Diagnose Risikoschwangerschaft – doch in den meisten Fällen verläuft alles gut.
Mit einer einfühlsamen Betreuung durch Spezialisten für Schwangerschaftsrisiken und einem vertrauensvollen Miteinander können Sie die Zeit bis zur Geburt mit mehr Gelassenheit und Freude erleben.
Regelmäßige Vorsorge und liebevolle Achtsamkeit für sich selbst und Ihr Baby tragen dazu bei, dass Sie eine schöne Schwangerschaft genießen dürfen – und am Ende Ihr gesundes kleines Wunder in den Armen halten.
Quellenangaben:
- Risiko in der Schwangerschaft, AOK, - https://www.aok.de/pk/leistungen/schwangerschaft-geburt/risikoschwangerschaft/
- Risikoschwangerschaft: besondere Betreuung für Mutter und Kind, Barmer, - https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/familie/schwangerschaft/gesunde-schwangerschaft/risikoschwangerschaft-1054858
- Schwangerschaft und Mutterschaft, Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), - https://www.g-ba.de/themen/methodenbewertung/schwangerschaft-mutterschaft/
- Was ist Pränataldiagnostik? Schwangeren- und Familienberatung Sozialdienst katholischer Frauen e.V., - https://www.pnd-beratung.de/was-ist-praenataldiagnostik/