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Wann sollte eine Arthrose behandelt werden?

Spezialist für Endoprothetik  Prof. Dr. med. Christian Hendrich - Portrait

Prof. Dr. med. Hendrich

Ärztlicher Direktor

Orthopädie

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Arthrose

Viele Patienten mit Gelenkverschleiß stellen sich erst spät zur Behandlung vor. Dabei gibt es verschiedene Maßnahmen, die helfen können, bevor die Beweglichkeit beeinträchtigt wird und Schmerzen auftreten, erklärt Prof. Dr. med. Christian Hendrich, Spezialist für Endoprothetik und Ärztlicher Direktor des Orthopädischen Krankenhauses Schloss Werneck.

Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO

Könnten viele Knorpelschäden entdeckt werden, ehe sie Probleme bereiten?

Orthopädischen Krankenhauses Schloss Werneck

Prof. Hendrich: „Wir wissen, dass bei einem Drittel der Patienten über 40 Jahre bereits ernste Knorpelschäden bestehen. Von einer Arthrose spricht man allerdings erst, wenn die Knorpelschäden die Gelenkfunktion beeinträchtigen. Und in der Tat werden die meisten Patienten erst dann vorstellig, wenn sie unter starken Schmerzen leiden oder ihre Belastungsfähigkeit sinkt. Knorpelschäden sind ein schleichender Prozess und werden lange hingenommen. Erst wenn es einen konkreten Anlass gibt, wie z.B. Bewegungseinschränkungen oder Schmerzen, gehen Betroffene zum Arzt.“

Wie kann eine leichte oder mittelgradige Arthrose festgestellt werden?

Prof. Hendrich: „ Als Basis dient eine Röntgenuntersuchung, möglichst unter Belastung, also z.B. im Stehen. So können Verschmälerungen des Gelenkspalts, knöcherne Wucherungen (Osteophyten), eine Vermehrung und Verdichtung der Knochenmasse (subchondrale Sklerose) und Zysten festgestellt werden. Mit einer Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) lässt sich darstellen, inwieweit Knorpel und Bänder geschädigt sind. Auch andere Degenerationsprozesse wie z.B. Entzündungen oder Knochenmarködeme lassen sich im Rahmen dieser Bildgebung erkennen und bewerten.“

Wie kann eine leichte bis moderate Arthrose behandelt werden?

Prof. Hendrich: „In diesem Stadium bedarf eine Behandlung sorgfältiger Abwägung. Wir behandeln ja nicht prophylaktisch, sondern erst nach Auftreten von Beschwerden. Wenn Gelenkschäden erkannt wurden, beschränken wir uns zunächst auf Empfehlungen, um ein Fortschreiten der Erkrankung möglichst einzudämmen und Beeinträchtigungen zu vermeiden. Dazu gehören beispielsweise eine Ernährungsberatung, wenn die Gelenke durch Übergewicht belastet sind, sowie eine Sportberatung und Physiotherapie. In vielen Fällen hilft es, neue Bewegungsabläufe zu trainieren, um falsche und gelenkbelastende Bewegungen in Zukunft zu vermeiden. Auch Nahrungsergänzungsmittel und entzündungshemmende, schmerzlindernde Medikamente (nicht steroidale Antiphologistika) können dazu beitragen, Knorpelschäden vorerst stabil zu halten. Ausnahmen gibt es im Profisport. Wenn etwa nach einer Verletzung ein Knorpelschaden entstanden ist, der die Profikarriere gefährden könnte, kann auch in einem frühen Stadium eine Behandlung eingeleitet werden.“

Welche invasiven Behandlungsmethoden kommen für frühe Stadien einer Arthrose in Frage?

Prof. Hendrich: „Zunächst sollten alle bereits erwähnten, konservativen Maßnahmen ausgeschöpft werden. Eine invasive Behandlung, z.B. mit Gelenkspritzen, muss auf den Lebensstil der Patienten zugeschnitten sein und individuelle Bedürfnisse und Möglichkeiten berücksichtigen. Gute Erfahrungen haben wir mit einer speziellen Gelenkinjektion (BCT-HA) gemacht, bei der Hyaluronsäure und plättchenreiches Plasma (PRP) in einer Spritze verabreicht werden. Diese Kombination vereint die Eigenschaften beider Wirkstoffe und kann am Schultergelenk, an der Hüfte, den Knien, am Sprunggelenk und Ellbogen angewandt werden. Sie wird mit einer dünnen Nadel injiziert und ist daher auch nicht so unangenehm. An den filigranen Hand- und Fingergelenken bietet sich reines PRP an, da die wasserbindenden Eigenschaften von Hyaluron hier zu unangenehmen Schwellungen führen würden. Als Prophylaxe sehe ich auch diese Verfahren schwerpunktmäßig bei Profisportlern. Bei allen Vorteilen handelt es sich um eine invasive Methode, auch wenn das Infektionsrisiko nur bei 1:25.000 liegt. Zudem werden die Kosten nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, sondern müssen als Privatleistung abgerechnet werden.“

Welche Chancen sehen Sie in der Behandlung mit körpereigenen Stammzellen?

Prof. Dr. med. Christian Hendrich, Spezialist für EndoprothetikProf. Hendrich: „Über die Verwendung von sogenannten Vorläuferzellen, die beispielsweise aus körpereigenem Knochenmark gewonnen werden, gibt es vielversprechende Berichte. Vorläuferzellen sind in der Lage, die Heilungspotenz jeglicher Körperzellen zu steuern und wären bei der Behandlung von Knorpelschäden von großem Nutzen. So gibt es bereits hochwertige Studien zur erfolgreichen Anwendung am Daumensattelgelenk. Dieses Verfahren wird in Deutschland noch nicht häufig praktiziert, da die Entnahme und Aufbereitung unter das Arzneimittelrecht fallen und daher ein recht aufwändiges Antragsverfahren durchlaufen werden muss. Wir sind aber optimistisch, dass wir unseren Patienten diese Arthrosetherapie mittelfristig anbieten können.“

Kann durch diese Therapien ein Fortschreiten des Gelenkverschleißes verhindert werden?

Prof. Hendrich: „Mit etwas Glück können wir den Prozess verlangsamen. Als gutes Beispiel kann ich Patienten nennen, die wir seit 7 Jahren mit BCT-HA behandeln und deren Arthrose weitestgehend stabil ist. Die Notwendigkeit einer Operation ist bisher nicht absehbar. Hinzu kommt, dass wir bei diesem Verfahren  bereits nach der ersten Behandlung wissen, ob sie dem jeweiligen Patienten hilft oder nicht. Falls nicht, spart man sich eine weitere Behandlung. Falls sie wirkt, werden im ersten Jahr 3 BCT-HA Spritzen verabreicht, in den Folgejahren dann nur noch eine. Es gibt zu diesem Verfahren erst randomisierte Studien aus Frankreich, aber jede Menge eigener guter Erfahrungen bei unseren Patienten.“

Welche Rolle spielen Nahrungsergänzungsmittel bei der Arthrosebehandlung?

Prof. Hendrich: „Von einigen Präparaten halte ich sehr viel. Auch wenn die Studienlage dazu eher mäßig ist, weil es sich in der Regel um kleinere Hersteller handelt und nicht um Pharmakonzerne. Es gibt verschiedene, frei käufliche Produkte, die eine gesunde Gelenkfunktion unterstützen sollen. Neu diskutiert wird aktuell die Wirkung von Weihrauch und MSM (Methylsulfonylmethan), einer natürlichen Schwefelverbindung. Zur Wirksamkeit von Kurkuma-Präparaten gibt es einige kleinere Studien. Zur Zeit werden Kurkuma-Kapseln gerne von meinen Patienten genommen und auch positiv bewertet. Wichtig ist, dass Nahrungsergänzungsmittel in einer ausreichenden Dosierung eingenommen werden. Dabei ist teuer nicht unbedingt besser. Auch günstige Produkte können in der richtigen Menge positive Effekte aufweisen.“

Wann sollte eine Arthrose operiert werden?

Sonnenaufgang im Nebel

Prof. Hendrich: „Um abzuwägen, ob und welche Arthrosebehandlung sinnvoll ist, verwende ich gerne ein Bild: Meine Patienten sollen sich vorstellen, sie sitzen auf einer sonnigen Terrasse und lassen ihr Leben als Wunschfilm vor ihrem inneren Auge ablaufen. Wenn die Realität in einigen Bereichen davon abweicht, kann zunächst eine konservative Therapie versucht werden, um eine Besserung zu erzielen. Wenn die Realität in Bezug auf Schmerzen und Bewegungsmöglichkeiten meilenweit von dem Wunsch abweicht, sollte sich der Patient mit einer Operation auseinandersetzen. Für alle Befindlichkeiten dazwischen bietet sich eine Injektionstherapie an. Wenn diese hilft, ist es gut. Wenn nicht, dient sie immerhin als Entscheidungshilfe für eine Operation. In jedem Fall ist eine gute Kommunikation zwischen den Patienten und dem behandelnden Arzt erforderlich, um realistische Ziele und Wünsche möglichst in Einklang zu bringen.“

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