Warnzeichen von Kehlkopfkrebs nicht ignorieren
Larynxkarzinom
Kehlkopfkrebs lässt sich dank moderner Diagnoseverfahren leicht erkennen. Eine frühzeitige Behandlung sichert den Erhalt der Stimme und des Kehlkopfes, sagt Prof. Dr. med. Serena Preyer, Spezialistin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde und Klinikdirektorin der ViDia-Kliniken Karlsruhe.
Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO
Gibt es Patientengruppen, die besonders häufig an Kehlkopfkrebs erkranken?
Prof. Preyer: „Der größte Risikofaktor ist das Rauchen. 95 Prozent der Patienten mit einem Larynxkarzinom haben geraucht. Eine weitere Risikogruppe besteht aus Menschen, die beruflich mit Teer arbeiten. Für diesen Personenkreis ist Kehlkopfkrebs als Berufskrankheit anerkannt, sofern bei den Betroffenen Rauchen als Ursache ausgeschlossen werden kann. Sehr selten kann auch eine HPV- (Humane Papillomviren) Infektion zu Kehlkopfkrebs führen.“
Welche Symptome verursacht Kehlkopfkrebs?
Prof. Preyer: „Typisch für Kehlkopfkrebs ist eine anhaltende Heiserkeit. Sollte diese länger als drei Wochen andauern, macht es Sinn, einen HNO-Arzt aufzusuchen und um eine endoskopische Untersuchung zu bitten. Ansonsten sind die Symptome eher unspezifisch und ähneln denen eines grippalen Infekts.“
Wie kann Kehlkopfkrebs diagnostiziert werden?
Prof. Preyer: „Das erste Mittel der Wahl ist eine Endoskopie, die Untersuchung von Schlund, Kehlkopf und Stimmbändern mit Hilfe eines eingeführten Schlauches, an dem sich eine Linse, eine Lichtquelle und eine Kamera befinden. Falls die Endoskopie einen positiven Verdacht ergibt, erfolgt im nächsten Schritt eine Untersuchung in Narkose, bei der dann auch eine Biopsie erfolgt, also eine Gewebeprobe entnommen wird.“
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Kehlkopfkrebs?
Prof. Preyer: „Dies ist abhängig von der Lage des Tumors, z.B. ob er sich oberhalb oder unterhalb der Stimmbänder befindet. Kleine Kehlkopftumore lassen sich in der Regel gut operativ entfernen ohne dass die Stimmfunktion in Mitleidenschaft gezogen wird. Im Gegensatz dazu kann es bei fortgeschrittenen Kehlkopftumoren notwendig sein, den gesamten Kehlkopf zu entfernen. Zum Glück allerdings wird Kehlkopfkrebs in der Regel frühzeitig diagnostiziert. Die Operationen werden mit Hilfe eines Lasers ausgeführt, so dass nur selten ein Eingriff von außen erfolgen muss. Eine Bestrahlung zum Abtöten der Krebszellen ist vor allem eine Option für ältere Patienten, bei denen keine langfristigen Folgeschäden zu befürchten sind. Die Erfolgsrate einer Bestrahlung entspricht bei kleinen Tumoren der einer Operation.“
In welchen Fällen muss der gesamte Kehlkopf entfernt werden?
Prof. Preyer: „Dies ist heutzutage nur noch selten der Fall, unter anderem weil die Diagnostik so weit fortgeschritten ist und ein rechtzeitiges Erkennen und Handeln ermöglicht. Bei weit fortgeschrittenen Kehlkopftumoren, durch die Betroffene unter Stimmverlust und Atemnot leiden, bietet die Entfernung des Kehlkopfes allerdings gute Heilungschancen.“
Ist bei einer Kehlkopfentfernung ein äußerer Zugang zur Luftröhre unumgänglich?
Prof. Preyer: „Ja. Wenn der Kehlkopf entfernt wurde, atmen die Patienten anschließend ‚über den Hals’, wie wir es nennen. Dazu werden während des Eingriffs die Luft- und Speiseröhre getrennt. Am Anfang empfinden die Patienten diese Umstellung natürlich als schwierig, aber sie wissen auch, dass es sich um eine lebensrettende Maßnahme gehandelt hat. Wir bereiten unsere Patienten mit Unterstützung von Logopäden sehr gut auf die Zeit nach der Operation vor. In den ViDia-Kliniken haben wir einen guten Kontakt zur Selbsthilfegruppe der Kehlkopfoperierten und Halsatmer, wie sie sich nennen. Diese berichten vorab von ihren Erfahrungen und begleiten die operierten Patienten auch nach dem Eingriff. Dazu gehören auch praktische Tipps, z.B. zur Möglichkeit eines Schwimmbadbesuchs etc.“
Müssen bei Kehlkopfkrebs auch die umliegenden Lymphknoten entfernt werden?
Prof. Preyer: „Wenn ein Larynxkarzinom frühzeitig entdeckt wird, sind die Lymphknoten in der Regel noch nicht befallen. Krebstumore der Stimmbänder streuen nur selten. Falls es allerdings notwendig ist, den gesamten Kehlkopf zu entfernen, entfernen wir standardmäßig auch die Lymphknoten.“
Wie stark ist das Sprachvermögen nach einer Kehlkopfoperation eingeschränkt?
Prof. Preyer: „Bei einer Teilresektion des Kehlkopfes kann es sein, dass die Betroffenen im Anschluss etwas heiser klingen und die Stimme nicht mehr so belastbar ist wie vor dem Eingriff. Bei einer Komplettentfernung des Kehlkopfes erhalten die Patienten stattdessen ein Sprechventil zwischen Luftröhre und Schlund. Das Sprechen mit diesem Ventil müssen die Betroffenen natürlich erlernen und trainieren. Logopäden helfen ihnen dabei, den Defekt bzw. den fehlenden Kehlkopf durch die Aktivierung anderer Muskelgruppen zu kompensieren. Die Stimme klingt anschließend vielleicht ein wenig robotisch, ist aber klar verständlich.“
Wie schmerzhaft sind Kehlkopfoperationen?
Prof. Preyer: „Wir beruhigen unsere Patienten immer mit der Aussage, dass eine Kehlkopfoperation viel weniger schmerzt als eine Mandel-OP.“
Welche Nachsorge ist erforderlich?
Prof. Preyer: „Wie bei jeder Krebserkrankung ist eine engmaschige Tumornachsorge sehr wichtig. Während der ersten zwei Jahre erfolgt diese im Abstand von sechs bis acht Wochen. Später können diese Intervalle bis auf ein Jahr verlängert werden.“
Wie groß ist bei Kehlkopfkrebs die Gefahr von Rezidiven?
Prof. Preyer: „Wenn die Patienten weiterhin rauchen, ist die Gefahr groß, dass es zu chronischen Entzündungen im Kehlkopf kommt und daraus erneut ein Krebs entsteht. Falls der Tumor bei der Kehlkopfentfernung bereits in die Weichteile des Halses eingewachsen ist, besteht ebenfalls die Gefahr eines Wiederauftretens. Weil es immer sein kann, dass sich trotz erfolgter Therapie Krebszellen in den Lymphknoten zeigen, ist die regelmäßige Kontrolle und Nachsorge außerordentlich wichtig.“
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