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Frühgeborenenretinopathie

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Informationen zum Bereich Frühgeborenenretinopathie

Was ist eine Frühgeborenenretinopathie?

Die Frühgeborenenretinopathie ist eine bei frühgeborenen Kindern vorkommende Netzhauterkrankung. Die zu frühe Geburt kann eine Störung der Gefäßentwicklung der Netzhaut des Auges verursachen. In der Netzhaut bilden sich Blutgefäße, die in den Glaskörper einwachsen. Diese Gefäße verziehen die Netzhaut. In schweren Fällen kann es zu einer Netzhautablösung kommen. Ohne Behandlung können die Kinder erblinden. Wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und therapiert wird, kann man dies jedoch meistens verhindern. Die Frühgeborenenretinopathie kommt vor allem bei sehr unreifen Frühgeborenen vor und bei zu früh geborenen Kindern, die beatmet werden müssen.

Wie entsteht eine Frühgeborenenretinopathie?

Die Gefäße der Netzhaut des Auges entwickeln sich zwischen der 16. und 40. Schwangerschaftswoche. Bei sehr frühgeborenen Kindern ist daher die Blutgefäßentwicklung der Netzhaut noch nicht abgeschlossen, wenn sie auf die Welt kommen.

Durch die Atmung ist die Sauerstoffsättigung im Blut der frühgeborenen Kinder nach der Geburt höher als im Mutterleib. Die höhere Sauerstoffsättigung hat Auswirkungen: Die Bildung des Wachstumsfaktors VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor), der normalerweise die Blutgefäßbildung anregt, wird gehemmt. Dadurch verzögert sich die Gefäßentwicklung. Im weiteren Verlauf der Erkrankung reagiert der Körper der Frühgeborenen wenige Wochen vor dem errechneten Geburtstermin (ab der 32. bis 34. postmenstruellen Woche) mit einer überschießenden Produktion von VEGF auf die mangelhafte Gefäß- und Sauerstoffversorgung. Dies führt zu einer übermäßigen Neubildung von Blutgefäßen in der Netzhaut.

Die neuen Gefäße wachsen nicht nur in der Netzhaut, sondern oft auch in den Glaskörper hinein. In den Glaskörper eingewachsene Gefäße üben einen Zug auf die Netzhaut aus. Dadurch kann sie sich verziehen oder sogar ablösen. Je unreifer die Kinder sind, desto höher ist das Risiko einer Frühgeborenenretinopathie.

Auf die Entwicklung der Blutgefäße wirkt auch ein weiterer Wachstumsfaktor, IGF -1 (Insulin-like Growth Faktor). IGF-1 wird in der Leber gebildet. Unter bestimmten Bedingungen ist IGF-1 bei frühgeborenen Kindern reduziert: bei Mangelernährung, bei geringer Gewichtszunahme und Erkrankungen wie der nekrotisierenden Enterokolitis oder einer Sepsis. Diese Kinder haben ein erhöhtes Risiko, eine Frühgeborenenretinopathie zu entwickeln.

Was sind Anzeichen einer Frühgeborenenretinopathie?

Die Frühgeborenenretinopathie macht sich erst mehrere Wochen nach der Geburt bemerkbar. Dann fallen erste Anzeichen von Netzhautveränderungen bei der Augenuntersuchung auf. Anschließend folgt eine akute Phase der Erkrankung mit verschiedenen Stadien.

Bei der Entwicklung wachsen die Blutgefäße von der Mitte der Netzhaut nach außen. Die zu frühe Geburt hemmt das Wachstum. Dies zeigt sich im ersten Stadium der Erkrankung: In der Mitte ist die Netzhaut gut durchblutet. An diesen Bereich grenzt eine äußere Zone ohne Blutgefäße. Hier erscheint die Netzhaut grau. Je größer die Zone ohne Blutgefäße ist, desto schlechter ist die Prognose. Im zweiten Stadium ist eine deutliche Leiste zu erkennen, die den Netzhautbereich mit Blutgefäßen von der nichtdurchbluteten Zone trennt. Im dritten Stadium haben sich neue Gefäße gebildet, die bereits in Glaskörper eingewachsen sind. Im Stadium 4 wird die Netzhaut von ihrer Oberfläche gezogen. Stadium 5 beschreibt die komplette Ablösung der Netzhaut mit Erblindung des betroffenen Auges.

Als „Plus-Disease“ bezeichnen Ärzte eine krankhafte Erweiterung der Gefäße am hinteren Pol der Netzhaut. Diese verschlechtert die Prognose der Retinopathie.

Es werden nicht immer alle Stadien der Erkrankung durchlaufen. Bei einer leichten Retinopathie kommt die Erkrankung von selbst in einem frühen Stadium zum Stillstand und die Netzhaut erholt sich ohne Behandlung.

Wie wird eine Frühgeborenenretinopathie festgestellt?

Für alle Kinder, die vor der 31. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen, wird eine Augenuntersuchung empfohlen. Auch Kinder, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren wurden und über mehrere Tage zusätzlich Sauerstoff bekamen oder bestimmte Erkrankungen haben, haben ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeborenenretinopathie und sollten untersucht werden. Zu diesen Erkrankungen gehören die nekrotisierende Enterokolitis, die bronchopulmonale Dysplasie, eine Sepsis oder eine starke Anämie.

Die Screeninguntersuchung zur Feststellung einer Frühgeborenenretinopathie wird meist sechs Wochen nach der Geburt durchgeführt. Danach folgen weiderholte Untersuchungen alle ein, zwei oder drei Wochen, je nach Ausprägung der Netzhautveränderungen.

Für die Untersuchung werden Augentropfen gegeben, um die Pupille weit zu stellen und die Augenoberfläche betäuben. Während der Untersuchung werden die Lider mit einem Haken oder Lidsperrer aufgehalten. Mit Hilfe eines Augenspiegels kann der Arzt durch die weitgestellte Pupille auf den Augenhintergrund sehen und die Netzhaut beurteilen. Mit einer Weitwinkelkamera wird der Augenhintergrund fotografiert.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Ob eine Behandlung nötig ist, richtet sich nach dem Erkrankungsstadium, der Größe der durchbluteten Zone und dem Vorliegen einer Plus-Disease. In den Stadien 1 oder 2 kommt es häufig zu einer spontanen Heilung. Dann ist keine Behandlung notwendig. Bei einer weiteren Verschlechterung ist jedoch eine rechtzeitige Therapie wichtig. Denn wenn Gefäße in den Glaskörper einwachsen, kann innerhalb von kurzer Zeit eine Verzerrung und Ablösung der Netzhaut folgen.

Meistens wird die Frühgeborenenretinopathie mit einer Laserkoagulation oder mit einer Anti-VEGF-Therapie behandelt.

Die Laserkoagulation wird schon lange zur Behandlung der Frühgeborenenretinopathie eingesetzt. Der Arzt verödet die Netzhaut mit dem Laser im äußeren, nicht durchbluteten Bereich. Dies verhindert eine Netzhautablösung.

Die Anti-VEGF-Therapie ist eine relativ neue Behandlungsmethode. Dabei spritzt der Arzt ein Medikament, das den Wachstumsfaktor VEGF hemmt, in den Augapfel. Dies verhindert die übermäßige Bildung neuer Gefäße.

Welche Therapie angewendet wird, entscheiden die Ärzte in Absprache mit den Eltern. Die Laserkoagulation muss meistens in Narkose durchgeführt werden und erfordert große Erfahrung des Arztes. In den äußeren Netzhautbereichen bilden sich durch die Laserbehandlung Narben. Eine Durchblutung ist hier nicht mehr möglich. Die Netzhaut bleibt in diesem Randbereich für immer funktionslos. Dadurch kann das Gesichtsfeld einschränkt sein. Vorteile der Methode sind, dass meist nur eine Behandlung nötig ist und der Augapfel nicht eröffnet wird.

Die VEGF-Therapie ist ohne Narkose durchführbar. Die Netzhaut wird durch die Behandlung nicht beschädigt, sodass eine Gefäßbildung in den bisher nicht durchbluteten Netzhautarealen zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich ist. Ein weiterer Vorteil der Methode ist, dass sie sich positiv auf die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit auswirkt. Das heißt, Frühgeborene entwickeln seltener eine starke Kurzsichtigkeit mit einer VEGF-Therapie. Eine starke Kurzsichtigkeit ist eine häufige Folge der Frühgeborenenretinopathie. Eine Laserbehandlung hat keinen Einfluss darauf. Da die VEGF-Hemmer in den Augapfel gespritzt werden, besteht jedoch das Risiko einer Entzündung im Augeninneren. Außerdem lässt die Wirkung der Behandlung mit der Zeit nach, sodass häufigere Nachkontrollen und möglicherweise weitere Behandlungen nötig sind.

In späten Stadien der Erkrankung, wenn sich die Netzhaut bereits gelöst hat, ist eine Laser- oder Anti-VEGF-Therapie nicht mehr ausreichend. Dann muss operiert werden, um die Netzhaut wieder in Kontakt mit der Augapfelwand zu bringen: Bei der Vitrektomie wird der Glaskörper des Auges entfernt und der Augapfel mit einem Gas oder Silikonöl gefüllt. Dadurch wird die Netzhaut von innen an die Augapfelwand angedrückt.

Prognose und Spätfolgen

Wenn die Erkrankung in einem frühen Stadium von selbst zum Stillstand kommt, ist die Prognose gut. Schwerere Formen der Frühgeborerenretinopathie haben ohne Behandlung eine deutlich schlechtere Prognose mit einem ungünstigen Ausgang in 50 bis 90 Prozent der Fälle.

Mit einer Behandlung kann eine Netzhautablösung aber meistens verhindert werden. Eine späte Behandlung schwerer Formen verschlechtert die Erfolgsaussichten.

Auch eine erfolgreich behandelte Frühgeborenenretinopathie kann Spätfolgen haben. Die Gefäße und die Makula, der zentrale Bereich der Netzhaut, können sich verziehen. Dadurch können sich auch nach Jahren noch Netzhautlöcher bilden. Auch eine Netzhautablösung kann Jahre später noch auftreten.

Kinder mit Frühgeborerenretinopathie haben außerdem ein erhöhtes Risiko, eine hochgradige Kurzsichtigkeit zu entwickeln.

Quellen:

  • Augenheilkunde, F. Grehn, 31. überarbeitete Auflage, Springer Verlag 2012
  • S2k-Leitlinie Augenärztliche Screening-Untersuchung bei Frühgeborenen. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 024-010
  • Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V. Retinologische Gesellschaft e.V., Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (2020). Stellungnahme der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands zur Anti-VEGF-Therapie der Frühgeborenenretinopathie.
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