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Haarausfall (Alopezie)

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Informationen zum Bereich Haarausfall

Wann spricht man von Haarausfall?

Jeder Mensch hat 80.000 bis 100.000 Kopfhaare. Haare beststehen aus Keratinen und werden von den Haarfollikeln gebildet. Ein Haar wächst in der Regel drei bis sechs Jahre lang ungefähr 1 cm pro Monat. Diese Wachstumsphase wird auch Anagenphase genannt.

Die Wachstumsphase ist individuell unterschiedlich lang und kann bei Menschen mit sehr langem Haar sogar 10 Jahre dauern. Danach kommt eine kurze Übergangsphase (Katagen) und eine anschließende Ruhephase (Telogen), in der das Haar nicht mehr wächst. Diese Ruhephase dauert zwei bis vier Monate. Danach fällt das Haar aus und ein neues Haar beginnt in dem Haarfollikel zu wachsen.

Auf dem Kopf kommen normalerweise Haare in allen Wachstumsstadien vor. Dass Haare täglich ausfallen, ist also normal. Ein täglicher Haarausfall von bis zu 100 Haaren ist physiologisch. Fallen mehr Haare aus, spricht man von einem verstärkten Haarausfall (Effluvium). Häufig fällt dies beim Kämmen auf. Ein Haarausfall kann sich aber auch durch kahle Stellen (Alopezie) bemerkbar machen.

Androgenetischer Haarausfall bei Frauen und Männern

Am weitesten verbreitet ist der gewöhnliche anlagebedingte Haarausfall, der androgenetische Haarausfall. Etwa 50 bis 70 Prozent aller Männer sind betroffen. Es zeigt sich der typische Haarausfall, beginnend an der Stirnhaargrenze (Geheimratsecken) und auf Scheitelhöhe (Tonsur). Die Haare am Hinterkopf und der unteren Schläfe sind nicht betroffen. Meist fangen die Haare zwischen dem 20. Und 30. Lebensjahr an auszufallen.

Aber nicht nur Männer sind vom androgenetische Haarausfall betroffen, auch 25 bis 40 Prozent der Frauen. Anders als beim Mann, zeigt sich der Haarausfall typischerweise am Scheitel und beginnt erst mit den Wechseljahren.

Diffuser Haarausfall

Wenn die Haare über den ganzen Kopf verteilt ausfallen, wird das als diffuser Haarausfall bezeichnet. Die Haare wirken allgemein dünner, die Kopfhaut scheint durch, aber keine einzelnen kahlen Stellen sind zu sehen. Es werden zwei Formen von diffusem Haarausfall unterschieden:

  1. Der Spättyp tritt zwei bis vier Monaten nach einem auslösenden Ereignis (zum Beispiel eine Medikamenteneinnahme) auf. Innerhalb von 6 bis 12 Monaten wachsen die Haare wieder dicht nach.
  2. Der Haarausfall vom Frühtyp tritt nach einer schweren Schädigung der Haarfollikel auf. Die Haare fallen schon einige Tage später aus. Auch hier wachsen die Haare wieder nach, oft dichter als vorher.

Kreisrunder Haarausfall

Der kreisrunde Haarausfall (Alopecia areata) ist die dritthäufigste Form des Haarverlusts nach dem androgenem und dem diffusen Haarausfall. Ungefähr 1 bis 2 Prozent der Menschen leiden einmal im Leben darunter. Hauptsächlich sind Kinder und junge Menschen unter 30 Jahren betroffen.

Der kreisrunde Haarausfall tritt meist plötzlich mit zunächst einer runden haarlosen Stelle auf. Später kann sich der Haarausfall von diesem Bereich aus ausbreiten oder an mehreren Stellen auftreten. Es gibt viele Varianten des kreisrunden Haarausfalls. Kleine Stellen, an denen die Haare spontan wieder nachwachsen, können auftreten, sowie mehrere haarlose Stellen oder jahrelange komplette Haarlosigkeit.

Atrophisierende Alopezie

Daneben gibt es noch vernarbende und atrophisierende Alopezien. Dazu gehört eine Gruppe von unterschiedlichen Krankheiten, die zu einer irreversiblen Zerstörung von Haarfollikeln führt.

  • Die Folliculitis decalvans ist eine hartnäckige Kopfhautentzündung mit narbigen haarlosen Bereichen.
  • Die Folliculitis et perifollicultits capitis abscedens et suffodiens kommt fast nur bei Männern vor und zeichnet sich durch entzündliche haarlose Areale aus.
  • Beim Lichen ruber follicularis entstehen kleinfleckige haarlose Stellen, die oft erst nach Jahren bemerkt werden. Durch übermäßige Keratinbildung (Hyperkeratose) der Haarfollikel entsteht ein „weißer Rand“ um die einzelnen Haare in den betroffenen Arealen. Gleichzeitig können auch Veränderungen an Finger- und Fußnägeln vorkommen.
  • Die postmenopausale frontal fibriosiernde Alopezie (Kossard) ist eine Variante des Lichen ruber follicullaris und betrifft meistens ältere Frauen. Der Haare fallen vor allem an der Stirn aus, fast immer zusammen mit den Augenbrauen.

Was sind Ursachen für Haarausfall?

Beim androgenetischen Haarausfall bei Männern beeinflussen männliche Sexualhormone (Androgene) das Haarwachstum. Hierbei führt nicht, wie oft angenommen, eine übermäßige Produktion von Sexualhormonen zum Haarverlust, sondern eine angeborene Überempfindlichkeit der Haarfollikel auf Androgene.

Beim Abbau von Testosteron wird Dihydrotestosteron (DHT) gebildet. Haarfollikel besitzen Rezeptoren für Dihydrotestosteron. Beim androgenetischem Haarausfall sind die Dihydrotestosteronrezeptoren auf den Haarfollikeln vermehrt und reagieren empfindlicher. Bindet DHT an die Rezeptoren, verkleinern sich die Haarfollikel und die Wachstumsphase der Haare verkürzt sich. Im Endstadium bilden sich die Haarfollikel ganz zurück.

Die Rolle von Androgenen (männlichen Sexualhormonen) beim androgenetischen Haarausfall bei Frauen ist noch nicht so gesichert wie beim Mann. Der Haarausfall tritt bei Frauen typischerweise mit Beginn der Wechseljahre auf. Zu diesem Zeitpunkt lässt bei Frauen die Östrogenproduktion nach und mehr freies Testosteron zirkuliert im Blut.

Der diffuse Haarausfall kann viele verschiedene Ursachen haben. Der Haarausfall wir dabei durch ein Ereignis, das die Haarfollikel schädigt, ausgelöst. Der Haarausfall vom Spättyp ist ein telogener Haarausfall (telogenes Effluvium): Haare, die sich in der Wachstumsphase (Anagenphase) befinden gehen durch die Schädigung vorzeitig in die Ruhephase (Telogenphase) über. Sie fallen aber erst nach der zwei bis vier Monate dauernden Ruhephase aus. Auslöser können zum Beispiel fieberhafte Infekte und bestimmte Infektionskrankheiten, eine Schilddrüsenerkrankung, falsche Diäten, Eisen-, Selen-, Zink- oder Kalziummangel, Vitaminmangel, Medikamente oder Stress sein. Auch die Hormonumstellung nach der Schwangerschaft oder das Absetzten der Anti-Baby-Pille lösen ein telogenes Effluvium aus. Beim diffusen Haarausfall vom Frühtyp werden die Haarwurzeln so stark geschädigt, dass die Haare abbrechen, wenn sie die Hautoberfläche einige Tage später erreichen. Das auslösende Ereignis kann beispielweise eine Chemotherapie oder eine schwere Infektion sein.

Beim kreisrunden Haarausfall wird als Ursache eine Autoimmunreaktion vermutet. Immunzellen (zytotoxische T-Lymphozyten) schädigen die Haarfollikel. Dadurch fallen die Haare aus. Warum manche Stellen betroffen sind und andere nicht, ist unklar. Es ist ebenfalls noch nicht geklärt, wodurch die Immunreaktion ausgelöst wird. Experten diskutieren seelische Belastung und Stress als Auslöser. Bei einem Drittel der Patienten verschwindet die Haarlosigkeit innerhalb von sechs Monaten. Ungefähr 50 bis 80 Prozent sind nach einem Jahr beschwerdefrei. Die Erkrankung tritt auch zusammen mit anderen entzündlichen und autoimmunen Erkrankungen auf.

Bei der Folliculitis decalvans verursacht eine Bakterieninfektion (Staphylokokken) der Haarfollikel die Kopfhautentzündung. Die Kopfhautentzündung bei der Folliculitis et perifollicultits capitis abscedens et suffodiens ist in der Regel eine Entzündung ohne Bakterienbeteiligung. Bei Lichen ruber follicularis sammeln sich Immunzellen (T-Lymphozyten) in Kopfhaut und Haarfollikeln an. Ursache hierfür ist möglicherweise eine fehlgesteuerte zelluläre Immunantwort.

Ergänzend ist eine ausführliche Haaranalyse bei Haarausfall möglich, bei der die aktuelle Situation festgestellt und entsprechende Therapiemaßnahmen eingeleitet werden können.

Behandlungsmethoden: Was ist zu tun bei Haarausfall?

Für die Behandlung des androgenentischen Haarausfalls stehen für Männer zwei effektive Wirkstoffe zur Verfügung. Minoxidil wird als Lösung oder als Schaum auf die Kopfhaut aufgetragen. Finestarid wird als Tablette eingenommen und hemmt die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosestpsteron.

Medikamente und Haarverpflanzung bei androgenentischem Haarausfall

Beide Medikamente sind sehr gut wirksam. Eine Behandlung mit Finestarid oder Minoxidil stoppt den Haarausfall bei 80 bis 90 Prozent der Patienten, bei ungefähr 50 Prozent verdichten sich die Haare wieder. Als Nebenwirkung kann sich nach der Anwendung von Minoxidil die Kopfhaut röten, schuppen und entzünden. Männer, die Finestarid einnehmen, können unter Errektionsstörungen und Abnahme der Lust auf Geschlechtsverkehr leiden. Finestarid führt gelegentlich auch zu einer Vergrößerung der Brustdrüsen (Gynäkomastie).

Auch Frauen können mit Minoxidil den Haarausfall behandeln. Finestarid ist allerdings nicht für Frauen zugelassen. Eine hormonelle Therapie mit Antiandrogenen bei Frauen, die unter einer hormonellen Fehlregulation leiden, ist möglich.

Die Eigenhaartransplantation eignet sich als ergänzende Maßnahme bei fortgeschrittenem Haarausfall. Die Wirksamkeit von Aloe Vera, Ginko, Nahrungsergänzungsmitteln und vielen anderen Mitteln ist nicht ausreichend wissenschaftlich bewiesen!

Bei schütterem Haar und im Zuge einer Haarausfall-Therapie kann mittels Mikro-Haarpigmentierung eine Haarverdichtung erreicht werden, die durch Spezialisten der Haarchirurgie durchgeführt wird.

Bei diffusem Haarausfall Ursachen beseitigen

Die Behandlung des diffusen Haarausfalls richtet sich nach der Ursache. Wird die ursächliche Erkrankung behandelt oder der Auslöser beseitigt, wachsen die Haare wieder nach.

Immuntherapie bei kreisrundem Haarausfall

Beim kreisrunden Haarausfall empfiehlt es sich bei geringer Ausprägung erst einmal abzuwarten. Häufig wachsen die Haare spontan wieder nach. Zur Unterstützung können die Patienten Zink einnehmen. Zink funktioniert als Immunmodulator und die Einnahme hat keine Nebenwirkungen.

Ist der kreisrunde Haarausfall behandlungsbedürftig, ist die wirksamste Behandlung eine Immuntherapie mit Diphenylcyclopropenon oder Quadratsäure-Dibutylester. Die Medikamente werden auf die Kopfhaut aufgetragen und lösen dort eine Allergie aus. Die in der Kopfhaut vorhandenen Immunzellen (T-Lymphozyten) reagieren auf die Allergene und greifen nicht mehr die Haarfollikel an. Die Methode ist je nach Ausmaß der Erkrankung in 30 bis 80 Prozent der Fälle erfolgreich.

Alternativ kann eine Therapie mit Kortikosteroiden oder Triamcinolon-Kristallen probiert werden. Es gibt viele weitere Therapieansätze, zum Beispiel eine Reiz- oder Lasertherapie, deren Wirksamkeit aber noch nicht ausreichend bewiesen ist.

Keimvermindernde Shampoos bei entzündungsbedingtem Haarausfall

Die durch eine Staphylokkeninfektion ausgelöste Folliculitis declavans wird mit Antibiotika (zum Beispiel Clindamycin und Rifampicin) und keimvermindernden Shampoos behandelt. Die sterile Entzündung bei der Folliculitis et perifollicultits capitis abscedens et suffodiens kann mit Glukokortioiden und Isotretinoin therapiert werden. Bei Patienten, die unter Lichen ruber folloicularis leiden, können eine äußere Anwendung von Kortikosteroiden oder Einnahme von Hydroxychloroquin die Symptome lindern.

Weiterführend kann auch die PRP Behandlung bei Haarausfall zum Einsatz kommen, um den gewünschten Behandlungserfolg zu erzielen.

Welche Ärzte sind Spezialisten bei Haarausfall?

Bei Haarausfall sollte der Patient zuerst einen Hautarzt (Dermatologen) aufsuchen. Da der Haarausfall mit einer Erkrankung oder Schädigung der Wurzeln zusammenhängt und sich die Haarwurzeln in der Kopfhaut befinden, ist ein Hautarzt der erste Ansprechpartner. Alternativ kann sich der Patient an einem Endokrinologen wenden, besonders dann, wenn eine hormonelle Ursache vermutet wird. Ein Gynäkologe kann bei Frauen helfen, wenn Hormone für den Haarausfall verantwortlich sind.

Literatur:

  • Raab, W. (2012). Haarerkrankungen in der dermatologischen Praxis. Springer-Verlag
  • Wolff, H. Fischer, T., Blume-Peytav, U. (2016). Diagnostik und Therapie von Haar- und Kopfhauterkrankungen. Deutsches Ärzteblatt. Jg. 113, Heft 21
  • Hoffmann, R., Universitäts-Hautklinik Marburg (2004). Der Hautarzt. Springer-Verlag, online publiziert, 2004, 55:89–111
  • Umweltbundesamt (2005). Haaranalyse in der Umweltmedizin – Stellungnahme der Kommission „Human-Biomonitoring“ des Umweltbundesamtes. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2005, 48:246–250, Springer-Verlag
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