Spezialisten für Migräne
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Univ.-Prof. Dr. med. Michael Zimpfer, M.B.A., FIPP
Minimal-invasive & konservative Schmerztherapie
Wien
Informationen zum Bereich Migräne
Was ist Migräne?
Die Migräne ist ein Kopfschmerz, welcher nicht auf vorherige Krankheiten zurückzuführen ist und daher zusammen mit dem Spannungskopfschmerz und dem Clusterkopfschmerz zu den primären Kopfschmerzen zählt.
Diese Gruppe wird durch den Ausschluss schwerwiegender Symptome, sogenannter Red Flags, von anderen Kopfschmerzarten unterschieden. Dazu ist ein intensives Gespräch mit dem behandelnden Arzt und eine ausführliche körperliche Untersuchung notwendig. Zu den Red Flags gehören beispielsweise Kopfschmerz mit bisher unbekannter Stärke, Fieber, epileptische Anfälle und Bewusstseinsstörungen. Um anschließend die primären Kopfschmerzarten voneinander zu unterscheiden, werden die Beschwerden des Patienten, wie Dauer, Intensität und Häufigkeit des Schmerzes, genau analysiert.
Weltweit sind 10-15% der Erwachsenen von Migräne betroffen, dabei haben Frauen häufiger als Männer diese Art von Kopfschmerzen. In Deutschland sind ca. 3,7 Millionen Frauen betroffen und ca. 2,0 Millionen Männer, wobei schätzungsweise die Hälfte der Betroffenen sich nicht in ärztlicher Behandlung befindet.
Was ist die Migräne Aura?
Ein besonderes Merkmal der Migräne ist die Migräne Aura. Diese tritt bei ungefähr 20-30% der Migräne-Patienten auf und beschreibt mehrere Sinneswahrnehmungen, die dem Migräne Anfall vorausgehen. Diese Aura dauert 4-20 min und wird von den Betroffenen als Sehstörung in Form von Lichtblitzen, blinden Flecken, Wellen im Gesichtsfeld und Tunnelblick beschrieben.
Welche Ursachen hat Migräne?
Die Ursachen der Migräne werden weiter erforscht. Allerdings wurden bereits 44 Gene im menschlichen Erbgut gefunden, die das Migränerisiko deutlich erhöhen. Die Gene beinhalten Informationen über den Aufbau von Gefäß- und glatten Muskelgewebe. Daraus lässt sich schließen, dass beim Migränekopfschmerz die Regulation der kleinen Blutgefäße im Gehirn gestört ist. Außerdem geht man davon aus, dass Entzündungsstoffe wie CGRP oder Substanz P in der Hirnhaut, in der die Hirngefäße eingebettet sind, ausgeschüttet werden. Dadurch werden dort Nervenzellen für Schmerzen sensibilisiert und die Blutgefäße reagieren auf diese Stoffe mit einer Verengung, sodass die Durchblutung der angeschlossenen Hirnareale verschlechtert wird.
Seit langem erforscht sind die Trigger der Migräne. Dazu gehören u.a. Hormonschwankungen, wie sie im weiblichen Zyklus monatlich vorkommen, was erklärt, warum viele Frauen seit ihrer Pubertät betroffen sind oder zu festen Zeiten im Monat von Attacken geplagt werden. Auch Stress, emotionale Belastung und Veränderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus können eine Migräne auslösen, ebenso wie Alkohol, Nikotin und bestimmte Lebensmittel. Daher treten Attacken gehäuft an Wochenenden auf, da dann Menschen länger aufbleiben, zusammen ausgehen, Alkohol und Nikotin konsumieren und sich anders als unter der Woche ernähren.
Welche Migräne Stadien gibt es?
Der Ablauf einer Migräne kann in vier Stadien unterteilt werden:
- Prodromi: 24-48h
- Aura: 4-20min
- Kopfschmerz: 4-72h
- Erholung: bis zu 24h
Migräne kündigt sich bei ca. 30% der Patienten durch Vorzeichen an, sogenannte Prodromi, welche ein bis zwei Tage andauern. Darunter fallen Müdigkeit, Nackensteifigkeit, Gähnen, vermehrter Harndrang, gesteigertes Durst- und Hungergefühl sowie Gefühlsschwankungen. Darauf folgt die Aura, welche in der Regel 4-20min dauert und in seltenen Fällen eine maximale Zeitspanne von 60min erreicht. Erst dann stellt sich der Migräne Kopfschmerz ein, der für 4-72h besteht. Klassisch dafür ist der einseitige pulsierende Schmerz, der von weiteren Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Sensibilität gegenüber Licht und Lärm als auch Verschlechterung des Zustandes bei körperlicher Tätigkeit begleitet wird. Nach dem Kopfschmerz erfolgt die Erholungsphase, die bis zu 24h dauern kann und bei der sich die Beschwerden langsam zurückbilden und die normale Tätigkeit wieder aufgenommen werden kann.
Migräne Behandlung – Was hilft bei Migräne?
Da sich 50% der Betroffenen nicht in ärztlicher Behandlung befinden, die Dunkelziffer ist hier kaum abzuschätzen, wird diese Krankheit zum größten Teil von den Betroffenen selbst behandelt. Allerdings kann hier kaum vollwertige langfristig-erfolgreiche Therapie erzielt werden, da diese auf zwei Säulen basiert: Schmerzmedikation und Prophylaxe.
Schmerzmedikation
Das Hauptziel während einer Attacke ist die Linderung der Kopfschmerzen und der begleitenden Übelkeit. Zur passenden Wahl der Medikamente wird Migräne in drei Kategorien unterteilt: leichte, mittlere und schwere Migräne. Um die Betroffenen einordnen zu können, ist das Führen eines Schmerzkalenders empfohlen. In diesem werden die Tage mit Attacken und dem Ausmaß der Schmerzen eingetragen. Dadurch sind Informationen wie Dauer und Frequenz der Attacken, Intensität der Schmerzen, Regelmäßigkeit der Attacken und die Abstände zwischen den Attacken gut nachvollziehbar.
Wissenschaftlich erwiesen und damit als Therapiemittel bei leichter Migräne zugelassen sind mehrere Schmerzmedikamente, welche alle als „Mittel der 1.Wahl“ empfohlen werden. Darunter zählen:
- Acetylsalicylsäure (kurz ASS): 900 bis 1000mg
- Ibuprofen: 400mg
- Naratriptan: 2,5mg
- Paracetamol: 1000mg
- Phenazon: 1000mg
Zur Behandlung von mittelschwerer Migräne werden Schmerzmedikamente der Gruppe Triptane eingesetzt. Diese Wirkstoffgruppe ist ähnlich aufgebaut wie der körpereigene Botenstoff Serotonin. Deshalb können Triptane an den Rezeptoren für Serotonin im Hirnstamm anbinden und dort die gleiche Wirkung entfalten wie Serotonin, nämlich die Weitung der verengten Blutgefäße im Schädel. Außerdem hemmen Triptane die Aktivität des Hauptschmerznervs des Kopfes, des Nervus trigeminus, sodass die zentrale Weiterleitung des Schmerzes gehindert wird. Zusätzlich wird die Ausschüttung an Entzündungsstoffen aus dem Nervus trigeminus verringert, welche die naheliegenden Gefäße verengen und damit zu Schmerzen führen. Folgende Triptane werden eingesetzt:
- Sumatriptan (neben der Schmerztablette auch Injektion und Nasenspray verfügbar)
- Zolmitriptan
- Naratriptan
- Rizatriptan
- Almotriptan
- Eletriptan
- Frovatriptan
Bei der schwersten Form der Migräne, dem Status migraenosus, kommt es zu anhaltenden Schmerzen, die länger als 72h dauern - trotz medikamentöser Behandlung. Daher gilt es bei der Therapie dieser Form diesen Zustand zu durchbrechen und eine Erholungsphase einzuleiten, wofür eines dieser Medikamente verabreicht wird:
- Paracetamol: 1000mg intravenös
- Sumatriptan: 3-6mg subkutane Injektion
- Metamizol: 1g intravenös
- Prednisolon: 80-100mg intravenös
Häufig treten neben Schmerzen auch Übelkeit und Erbrechen auf, auf die mit sogenannten Antiemetika reagiert werden kann. Hierfür wird Folgendes verschrieben:
- Metoclopramid: 10-20mg
- Domperidon: 20-30mg
Metoclopramid ist als Tablette, Rektalzäpfchen als auch Muskel-, Venen-, und Subkutaninjektion verabreichbar. Domperidon wird dagegen nur in Tablettenform gegeben.
Migräne-Prophylaxe: Wie kann man Migräne-Anfällen vorbeugen?
Um Attacken zu verhindern bedarf es einer verhaltenspsychologischen Schulung der Patienten. Zu Anfang werden hierbei die Auslöser von Attacken im Schmerzkalender dokumentiert und mit den Schmerztagen abgeglichen. Zu den häufigsten Auslösern gehören:
- Menstruation
- Stress
- Emotionales Unwohlsein
- Ungewohnte körperliche Anstrengung
- Alkohol
- Nikotin
- Ungewohntes Essen
- Diät und Ernährungsumstellung
- Spezielle Gerüche
- Verändertes Wetter
- Temperaturschwankungen
- Lärm
- Lichteffekte
- Veränderte Schlafenszeiten
- Blutdruckveränderungen
Sobald die Auslöser oder Tendenzen erkannt sind, können in Absprache mit dem behandelnden Arzt Vorbeugemaßnahmen getroffen werden. Insgesamt wird Migräne hauptsächlich durch Veränderungen im Tagesablauf ausgelöst, sodass die Einhaltung einer täglichen Routine erzielt werden sollte. Zu den vorbeugenden Maßnahmen zählen:
- Essensaufnahme in regelmäßigen Abständen
- Ausreichendes Trinken über den Tag
- Feste ungestörte Schlafenszeiten zur Erholung
- Stressbewältigung
- Verzicht auf Nikotin und Alkohol
- Abschirmung vor Lärm, Lichteffekten und Gerüchen
- Bewegung und Sport
- Regelmäßige Entspannungsrituale
- Kontrolle des Blutdrucks und gegebenenfalls medikamentöse Einstellung
- Sensibilisierung von Familie und Freunden auf das Thema Migräne und auf persönliche Auslöser
Durch Kontrollen im Verlauf der Krankheit kann der betreuende Arzt die Prophylaxemaßnahmen beurteilen und umstellen, falls dies nötig ist. In gewissen Fällen empfiehlt es sich, eine Prophylaxe mit Medikamenten anzufangen:
- Drei oder mehr Attacken im Monat
- Kopfschmerzphasen länger als 72h
- Schlechtes Ansprechen auf Schmerzmedikamente
- Gefahr des Übergebrauchs von Schmerzmedikamenten
Hierbei bespricht der behandelnde Arzt realistische Therapieziele mit dem Patienten, sodass die Erwartungen in die richtige Richtung korrigiert werden. Eine sinnvolle Therapiedauer für das ausgewählte Medikament wird vereinbart. Zudem sind regelmäßige Wiedervorstellungen beim Arzt und das Führen eines Schmerzkalenders zur Kontrolle der Wirkung notwendig. Der Betroffene wird im Anfangsgespräch auch über die Nebenwirkungen und Einnahme der Medikamente aufgeklärt. Folgende Medikamente sind in ihrer prophylaktischen Wirkung wissenschaftlich erwiesen:
- Bisoprolol: 5-10mg
- Metoprolol: 50-200mg
- Propranolol: 40-240mg
- Flunarizin: 5-10mg
Bei den ersten drei Genannten handelt es sich um Ableger der Wirkstoffgruppe ß-Blocker. Diese können u.a. zu Müdigkeit, Schlafstörungen, Schwindel und Magen-Darm-Beschwerden führen. Flunarizin ist ein sogenannter Kalziumantagonist, welcher u.a. die Nebenwirkungen Schlafstörung, Gewichtszunahme, Magen-Darm-Beschwerden und Depression besitzt.
Welche Ärzte sind Migräne-Spezialisten?
Betroffene sollten sich in erster Linie an ihren Hausarzt wenden. Dieser kann andere infrage kommende Ursachen für den Kopfschmerz ausschließen, sogenannte Differentialdiagnosen. Der Hausarzt wertet den Kopfschmerzkalender aus und bespricht mit dem Patienten alle nötigen Therapiemaßahmen: sowohl die passende Schmerzmedikation als auch die nötigen Verhaltensweisen zur Prophylaxe der Attacken. Außerdem kann der Hausarzt den Verlauf der Erkrankung kontrollieren, gegebenenfalls die Medikamente umstellen oder den Patienten zu einem Facharzt für Neurologie oder Schmerztherapie überweisen.
Quellen:
Herold, Gerold (2017). Innere Medizin. Thieme, Köln.
Göbel, Hartmut (2012). Die Kopfschmerzen. Springer, Berlin.
Goadsby, Peter; Silberstein, Stephen; Dodick, David (2005). Chronic daily headache for clinicians. Pmph USA.