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Neuro-Urologie

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Informationen zum Bereich Neurourologie

Was ist Neuro-Urologie?

Die Neuro-Urologie beschäftigt sich mit der Diagnostik und Therapie von Beckenboden- sowie Blasenfunktionsstörungen, die durch neurologische Erkrankungen und Traumata bedingt sind. Oft gehen diesen Störungen nervale Fehlsteuerungen der betroffenen Organe vor. Auch Funktionsstörungen im Bereich des Enddarms werden in diesem Spezialgebiet behandelt.

Wann kann die Neuro-Urologie helfen?

Das fehlerfreie Wasserlassen ist nur möglich durch ein komplexes Zusammenspiel von Schließmuskel, dem kompletten Nervensystem und der Harnblase. Wenn dieses System gestört ist, wenn die Blase zu häufig oder nur erschwert entleert wird, kann dies ein Zeichen für eine Fehlfunktion der Nerven sein, die diese Organe versorgen.

Diese Störungen werden nach neurochirurgischen Eingriffen, neurologischen Erkrankungen oder nach traumatischen Querschnittslähmungen oft vernachlässigt, weil für den Patienten subjektiv gesehen andere Einschränkungen wie Lähmungen, Krampfanfälle und Gefühllosigkeit im Vordergrund stehen.

Dabei können gerade Blasenentzündungen und das Unvermögen, den Urin in der Blase zu halten, Zeichen einer Blasenfunktionsstörung sein, die einer umfassenden ärztlichen neuro-urologischen Untersuchung bedarf.

Bei welchen Erkrankungen sollte die Neuro-Urologie hinzugezogen werden?

Entstehen Fehlfunktionen der Blase und des Schließmuskels durch neurologische Erkrankungen, spricht man von einer neurogenen Blase. Dass mehr als 50% aller Patienten nach dem 1. Weltkrieg an den Folgen von neurogenen Blasen starben und dass diese Anzahl heute auf unter 3% gesenkt werden konnte, zeigt, wie wichtig die Diagnostik und Therapie in diesem Gebiet ist.

In jedem Alter kann sich eine neurogene Blase manifestieren. Sie kann sich in einer Harninkontinenz, also dem Unvermögen, den Urin in der Blase zu halten, oder aber auch in Blasenentleerungsstörungen, also dem Unvermögen die Blase willkürlich zu entleeren, zeigen. Oft liegt der neurogenen Blase eine klare neurologische Störung zugrunde wie beispielsweise bei der Querschnittslähmung. Sie kann allerdings auch Zeichen einer langsam schleichenden nervalen Erkrankung wie der Multiplen Sklerose sein.

Zu den Erkrankungen beziehungsweise Traumata, die zu einer neurogenen Blase führen können, gehören:

  • Morbus Parkinson
  • Angeborene neurologische Defekte wie das Cauda-Equina-Syndrom oder die Spina bifida (Meningomyelocele)
  • Traumatische Querschnittslähmungen
  • Rückenmarkstumore, die den neuro-urologischen Kreislauf stören
  • Schleichende neurologische Erkrankungen wie die Multiple Sklerose
  • Schlaganfälle

Weil die Blase als Speicherreservoir für den aus den Nieren kommenden Urin gilt, kann eine Blasenfunktionsstörung auch auf eine Nierenfunktionsstörung über greifen, sodass diese im schlimmsten Fall irreversibel zerstört wird und der Patient dialysepflichtig wird.

Das Krankheitsbild der neurogenen Blase ist oft nicht eindeutig, es können meist sehr undifferenzierte Krankheitsbilder auftreten, einige davon können sein:

Dabei nimmt die Häufigkeit dieser Erkrankungen immer weiter zu, besonders im Kindesalter können sich Blasenfunktionsstörungen früh manifestieren, wobei das harmlose, nächtliche Einnässen - der medizinische Ausdruck dafür heißt Enuresis - von relevanten Funktionsstörungen abgegrenzt werden muss.

Therapieverfahren in der Neuro-Urologie

Der Spezialist untersucht die neurogene Blase ausführlich. Dazu gehört die Art der Fehlfunktion von Blase und Schließmuskel, die Funktion der Harnleiter sowie der Nieren und letztendlich die zugrunde liegende neurologische Dysfunktion. Dabei bilden die hieraus gewonnen Erkenntnisse die Grundlage für die weiterführende neuro-urologische Behandlung für Arzt und Patient.

Entsprechend dieser komplexen Diagnostik und Therapie besteht das ärztliche Team für gewöhnlich aus Orthopäden, Nuklearmedizinern, Radiologen, (Neuro-) Urologen, Urogynäkologen, Chirurgen, Proktologen und auch Neurologen selbst. So kann gewährleistet werden, dass die neurourologische Behandlung stets in Absprache mit allen behandelnden Ärzten erfolgt.

Therapeutische Lösungsansätze gibt es in konservativ-physiotherapeutischen Behandlungen, in verschiedenen medikamentösen Ansätzen oder auch in operativen Verfahren wie zum Beispiel bei der Botox-Injektion. Auch Therapieansätze in der Neuromodulation, wie sie bei Blasenschrittmachern verwendet werden, gehören ebenfalls dazu.

Botulinumtoxin-Therapie

Botulinumtoxin-Therapie: 1817 wurde erstmals die lähmende Wirkung von Botulinumtoxin auf das Nervensystem beschrieben. Seit jeher findet es Anwendung in der Medizin in sehr geringen Dosen. In Deutschland ist dieses Toxin eher unter seinem Handelsnamen BoTox bekannt. Die Botox-Therapie wird erst dann angewandt, wenn vorangegangene, nicht-operative Behandlungen nicht angeschlagen haben oder die Nebenwirkungen zu groß waren.

Während eines kurzen stationären Aufenthalts injiziert der Spezialist das Botulinumtoxin intramuskulär in verschiedene Stellen der Blasen- und Beckenbodenmuskulatur.

Der Eingriff an sich dauert nur wenige Minuten, der Patient kann die Klinik schon nach wenigen Stunden verlassen. Die Blasen- und Beckenbodenmuskulatur wird durch das Toxin so weit gelähmt, dass sich die Muskulatur regelmäßiger entspannen kann. Die Blase vermag also mehr Urin zu speichern, weil die Muskelfasern neurologisch geschwächt sind und eine vorzeitige Kontraktion der Blasenmuskulatur verhindert wird. Der Patient spürt weniger Harndrang und kann seine Blase in späteren Abständen entleeren.

Die Wirkung des Toxins verschwindet allerdings nach ungefähr 7-12 Monaten, sodass eine erneute Therapie nötig wird. In einigen Fällen kann Blut im Urin auftreten, wobei dies im Regelfall nach einigen Tagen wieder aufhört. Selten kann es nach einer Botulinum-Therapie zu Blasenentleerungsstörungen kommen, der Patient vermag seine Blase nicht komplett entleeren zu können. In diesem Fall ist die Versorgung mit einem Katheter angezeigt, der Patient leert seine Blase hierüber also selbstständig (Selbstkatheterismus).

Blasenschrittmacher

Weitere Therapieansätze sind beispielsweise die Implantation von Neurostimulatoren (sog. Blasenschrittmacher), die die nervale Impulsverarbeitung der Beckenboden- und Blasenmuskulatur komplett übernehmen oder die Signale an das Nervensystem verstärken.

Künstliche Blase

Im Rahmen einer großen Operation und wenn alle vorangegangen Therapien nicht in Betracht kommen, kann die neurogene Blase entfernt werden und durch eine neu geformte Blase aus dem Darmbereich ersetzt werden (sog. Darmersatzblase). Auch künstliche Blasen können hierbei in Betracht gezogen werden.

Aus neurourologischer Sicht steht die Wiederherstellung der Kontinenz und der Blasenfunktion sowie der Sexualfunktion an erster Stelle, so sollen auch Komplikationen wie aufsteigende Harnwegsinfekte vermieden werden.

Ziel dieser Bemühungen ist die Erhaltung der Lebensqualität für betroffene Patienten und die regelrechte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben durch ein speziell ausgebildetes interdisziplinäres medizinisches Team von Ärzten und Physiotherapeuten.