Spezialisten für Spastik bei Querschnittlähmung
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Informationen zum Bereich Spastik bei Querschnittlähmung
Was versteht man unter Spastik bei Querschnittlähmung?
Eine Spastik ist eine nicht kontrollierbare Erhöhung des Muskeltonus, die in der Regel mit weiteren Symptomen, wie übersteigerten Reflexe, Ermüdbarkeit und Lähmungen, bzw. verlangsamten Bewegungen einhergeht.
Sie entsteht durch eine Schädigung motorischer Bahnen im zentralen Nervensystem, also im Gehirn oder Rückenmark. Patientinnen und Patienten mit einem Querschnittsyndrom sind in mehr als zwei Dritteln der Fälle von einer Spastik betroffen. Aber auch andere Erkrankungen, etwa ein Schlaganfall, eine infantile Zerebralparese, ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Multiple Sklerose, können eine Spastik auslösen.
Sogenannte Trigger verstärken die Symptomatik einer Spastik. Dazu gehören zum Beispiel:
Schmerzen im betroffenen Bereich
Dehnung von Harnblase oder Darm
Infekt
Emotionale Erregung
Die als Plus-Phänomene bezeichneten Symptome der Schädigung motorischer Nervenzellen, zu denen die Spastik und die unkontrollierbar verstärkten Reflexe zählen, werden auch unter dem Begriff Spastische Bewegungsstörung (SMD, spastic movement disorder) zusammengefasst.
Was geschieht im querschnittgelähmten Körper?
Bei einem akuten Querschnittsyndrom, meist durch ein Trauma ausgelöst, kommt es zunächst zum spinalen Schock. Dabei handelt es sich um eine plötzlich einsetzende neurologische Funktionsstörung, die alle Bahnen des Rückenmarks betrifft. Unterhalb der Läsion besteht also eine zunächst schlaffe Lähmung mit Ausfall der Reflexe, sowie eine aufgehobene Schmerzwahrnehmung und Sensibilität.
Die Symptome können innerhalb weniger Tage zurückgehen und zum Teil sogar völlig verschwinden. Meist geht der spinale Schock aber nach etwa sechs bis acht Wochen in ein komplettes Querschnittsyndrom über, wobei die schlaffen Lähmungen zu spastischen Paresen werden und sich eine Hyperreflexie mit übersteigerten Reflexen und zusätzlichen pathologischen Reflexen, die bei gesunden Erwachsenen nicht vorhanden sind, ausbildet.
Stärke der Spastik: Welche Grade gibt es?
Es gibt verschiedene Einteilungen der Spastik. Zum Beispiel kann man die Symptomatik nach dem betroffenen Bereich einteilen:
Monospastik: eine Extremität
Paraspastik: beide Beine
Hemispastik: eine Körperseite
Tetraspastik: alle Extremitäten, ggf. mit Hals- und Rumpfmuskulatur
Eine weitere häufig verwendete Einteilung ist die Ashworth-Skala. Hierfür werden die betroffenen Muskeln passiv durch die untersuchende Person bewegt und die Stärke des Widerstands beurteilt.
0: kein erhöhter Widerstand
1: leichter Widerstand nur am Anfang oder Ende der Bewegung
1+: leichter Widerstand über weniger als 50% des Bewegungsumfangs (range of motion, ROM)
2: deutlicher Widerstand über mindestens 50% der ROM
3: starker Widerstand, passive ROM erschwert
4: passive ROM eingeschränkt
Wie wird Spastik bei Querschnittlähmung diagnostiziert?
Um eine Spastik zu erkennen, ist eine körperliche Untersuchung mit Testung des Muskeltonus und Erhebung des Reflexstatus ausreichend. Da die Spastik aber meist mit Begleitsymptomen einhergeht und auch zu Komplikationen führen kann, sollte dahingehend ebenfalls ein Assessment durch Anamnese und Untersuchung erfolgen, um zum Beispiel Schmerzen, Kontrakturen, Koordinationsstörungen und das Ausmaß der Beeinträchtigung in der alltäglichen Lebensführung einschätzen zu können.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Zur Behandlung einer spastischen Bewegungsstörung kommen verschiede Therapien zum Einsatz, wobei in der Regel mehrere Ansätze miteinander kombiniert werden.
Exoskelette
Robotische mobile Exoskelette werden als Gangtrainer eingesetzt. Obwohl bisher nur wenige Studien vorliegen, scheint dies nicht nur die Übungseffektivität zu steigern, sondern bei vielen Patienten auch Symptome wie Spastik oder neuropathische Schmerzen zu verbessern.
Ganzkörpervibration
Eine Ganzkörpervibrationsbehandlung kann den spastisch erhöhten Muskeltonus für mehrere Tage senken.
Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS)
Bei diesem Verfahren wird ein Magnetfeld erzeugt um bestimmte Bereiche des Gehirns, im Falle einer Spastik die motorischen Areale, zu stimulieren. Bei inkomplettem Querschnittsyndrom scheint dies die Gehfähigkeit positiv zu beeinflussen.
Physikalische Maßnahmen
Kälte/Wärme, Massagen, Schienen, Taping, Stoßwellentherapie etc.
Orale medikamentöse Therapie
Neben der medikamentösen Behandlung neuropathischer Schmerzen gibt es verschiedene antispastisch wirksamen Medikamente. Baclofen und Tinazidin sind in Deutschland zur Behandlung einer Spastik im Rahmen eines Querschnittsyndroms zugelassen, außerdem werden weitere Medikamente wie Benzodiazepine oder Dantrolen off-Label eingesetzt.
Botulinumtoxin-Injektionen
Das Gift des Botolinumbakteriums hemmt die Erregungsübertragung von Nerven- zu Muskelzellen. Eine Injektion in betroffene Muskeln kann die Spastik und spastikassoziierte Schmerzen über mehrere Monate verbessern
Intrathekale Baclofenpumpe
Hier wird das antispastische Medikament durch eine kleine implantierbare Pumpe direkt in die Liquorräume des zentralen Nervensystems abgegeben.
Operative Therapien
Ist eine Spastik nicht durch andere Therapien zu beherrschen und geht mit einem massiven Leidensdruck einher, können chirurgische Eingriffe, wie das Durchtrennen bestimmter Nerven oder das Umsetzen von Ansätzen funktionsfähiger Muskeln, erwogen werden.
Was ist der Unterschied zwischen Spastik und Spasmen?
Spasmen sind kurze, plötzlich einschießende Muskelreflexe, die ein Teil des Symptomkomplexes der Spastik sind.
Eine Spastik hat eine tonische Komponente, bei der durch einen dauerhaft erhöhten Muskeltonus Bewegungen gehemmt werden, und eine phasische Komponente, die sich durch unwillkürliche Bewegungen äußert. Dazu gehören die kurzzeitigen Spasmen, ebenso wie die Kloni, repetitive Zuckungen der Muskeln, die mehrere Minuten anhalten können.
Welche Ärzte & Kliniken sind Spezialisten im Bereich Spastik bei Querschnittlähmung?
Die spastische Lähmung im Rahmen eines Querschnittsyndroms ist ein neurologisches Krankheitsbild. Da ein Querschnittsyndrom allerdings oft eine Behandlung durch Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachbereiche erfordert, gibt es Kliniken, die sich besonders auf die Behandlung dieser Erkrankung mit all ihren Symptomen, auch der Spastik, spezialisiert haben.
In der rehabilitativen Behandlung erfolgt außerdem eine Mitbetreuung durch Physio-, Psycho- und Ergotherapeuten und –therapeutinnen.
Wer einen Arzt benötigt, möchte für sich die beste medizinische Versorgung. Darum fragt sich der Patient, wo finde ich die beste Klinik für mich? Da diese Frage objektiv nicht zu beantworten ist und ein seriöser Arzt nie behaupten würde, dass er der beste Arzt ist, kann man sich nur auf die Erfahrung eines Arztes verlassen.
Wir helfen Ihnen einen Experten für Ihre Erkrankung zu finden. Alle gelisteten Ärzte und Kliniken sind von uns auf Ihre herausragende Spezialisierung im Bereich Spastik bei Querschnittlähmung überprüft worden und erwarten Ihre Anfrage oder Ihren Behandlungswunsch.
Quellen
- Platz T. et al., Therapie des spastischen Syndroms, S2k-Leitlinie, 2018, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, auf: DGN-Leitlinien, Abrufdatum: Mai 2023
- Koch, Dr. H.G., Geng, V.: Querschnittlähmung verständlich erklärt, Nottwil, Lobbach, 2021
- flexikon.doccheck.com/de/Spastik
- Masuhr, Neumann: Duale Reihe Neurologie. 6. Auflage Thieme 2007, ISBN: 978-3-131-35946-9
Fachbeiträge
Schmerz bei Querschnittlähmung: Dr. Axel Hempfing
Das Zentrum für Paraplegiologie der Werner Wicker Klinik in Bad Wildungen leistet medizinische Detektivarbeit und ist Schmerzen auf der Spur, die bei…