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Informationen zum Bereich Ventrikelseptumdefekt (VSD)
Was ist ein Ventrikelseptumdefekt (VSD)?
Ventrikelseptumdefekte (VSD) sind mit einer relativen Häufigkeit von 50% die häufigsten angeborenen Herzfehler. So weisen 5-6 von 1000 Neugeborenen diesen Herzfehler auf. Bei einem VSD haben die Patienten ein oder mehrere Löcher (=Defekt) in ihrer Kammerscheidewand, die die Herzkammern des Lungen- und Körperkreislaufes voneinander trennt.
Durch den Defekt entsteht zunächst ein „Links-Rechts-Shunt“ im Herzen. Das heißt, dass durch den höheren Blutdruck im linken Herzanteil das Blut fälschlicherweise in die rechte Herzkammer fließt und damit statt in den Körperkreislauf in die Lungen gepumpt wird. Daraus resultiert eine Mehrarbeit für das rechte Herz, das mehr Volumen als gewöhnlich fortbewegen muss, sowie eine gesteigerte Durchblutung der Lungen.
Die Herzscheidewand besteht zum einen Teil aus einem muskulären Anteil und zum anderen, im Bereich der Kammereingänge und –ausgänge, aus einem membranösen Teil (=sehr stabiles, nicht elastisches Gewebe). Die VSD werden dahingehend unterteilt in welchem Bereich des Herzseptums sie auftreten. Ventrikelseptumdefekte können alleine oder in Kombination mit weiteren Herzfehlern auftreten, wie z.B. bei der Fallot-Tetralogie.
Was sind Ursachen für einen Ventrikelseptumdefekt?
In der Herzentwicklung, die sich in der 3.-8. Schwangerschaftswoche abspielt, besteht das Herz zunächst aus einem Herzschlauch, der durch komplizierte Faltungen und durch das Ausbilden von Trennwänden zu einem Herz mit 4 getrennten Kammern wird. Bei dieser Unterteilung des Herzens können Löcher in den Trennwänden verbleiben, sodass z.B. ein VSD entsteht.
Die Ursachen für diese fehlerhafte Herzbildung sind bis heute nicht genau geklärt. In über 80% der Fälle bleibt der genaue Grund für die Erkrankung ungewiss. Es spielen viele einzelne Faktoren eine Rolle bei der Krankheitsentstehung (multifaktorielle Genese). Als bekannte Ursachen gelten virale Infektionen (z.B. Röteln), chromosomale Veränderungen im Erbgut des Kindes (z.B. Trisomie 21 = Down-Syndrom), oder Alkoholkonsum und Einnahme bestimmter kindsschädigender Medikamente durch die Mutter während der Schwangerschaft.
Was sind Symptome eines Ventrikelseptumdefektes?
Das Ausmaß der Symptome und des Schweregrades der Erkrankung ist abhängig von der Defektgröße und dem Widerstand der Lungengefäße. Durch diese Faktoren wird die Blutmenge beeinflusst, die zwischen linker und rechter Herzkammer durch das Loch fließt und für die Symptome verantwortlich ist.
Patienten mit kleinen Defekten in der Herzscheidewand sind in der Regel asymptomatisch und haben keinerlei Beschwerden. Bei größeren Löchern entwickeln die Kinder ab dem 2.-3. Lebensmonat Zeichen einer Herzinsuffizienz, d.h. das Herz ist nicht mehr in der Lage die benötigte Menge sauerstoffreichen Blutes in den Körperkreislauf zu transportieren. Die Betroffenen atmen sehr schnell, schwitzen vermehrt, haben Schwierigkeiten beim Trinken, weisen oft eine vergrößerte Leber auf und sie neigen vermehrt zu Lungenentzündungen. Die Säuglinge sind oft in ihrem Wachstum und in ihrer Entwicklung verzögert.
Unbehandelt kommt es meist gegen Ende des 1. Lebensjahres zur sogenannten „Eisenmenger-Reaktion“, die ein irreversibler Umbau der Lungengefäße ist. Aufgrund der gesteigerten Lungendurchblutung kommt es zu einer Wandverdickung der Lungengefäße und der Widerstand der Lungengefäße steigt. Durch diesen gesteigerten Druck in der Lunge entwickelt sich wiederum eine Shuntumkehr zu einem sekundären Rechts-Links-Shunt. Damit fließt weniger Blut als benötigt durch die Lunge und es gelangt zu wenig sauerstoffreiches Blut in den Körper. Die Symptome dieser Patienten sind eine Zyanose (Blaufärbung), durch zu viel sauerstoffarmes Blut im Körper, Leistungsminderung, erschwerte Atmung z.T. sogar in Ruhe und bei manchen ein Kreislaufkollaps.
Wie kann man einen VSD diagnostizieren?
Die Patienten müssen zunächst genau körperlich untersucht werden. Dabei wird unter anderem das Herz abgehört, denn ein VSD verursacht ein typisches Herzgeräusch, das man dabei erkennen kann. In einem EKG zeigen sich größere Defekte und man kann abschätzen, ob bereits Veränderungen an der Herzstruktur vorliegen (z.B. eine verdickte Herzwand durch die vermehrte Arbeit des rechten Herzanteils). Durch eine Herzultraschalluntersuchung (Echokardiografie) lassen sich Ort und Größe des Lochs genau erfassen und man kann u.a. die Shuntrichtung ermitteln. Eine Herzkatheterdiagnostik ist nicht zwingend notwendig, sie ermöglicht nochmal eine exaktere Ausmessung der Shuntgröße und der im Herzen vorherrschenden Druckverhältnisse. Durch Röntgen des Brustkorbes kann man bei einem großen Defekt die Vergrößerung des Herzens als Folge der Erkrankung sehen, sowie die vermehrte Lungendurchblutung.
VSD Behandlung: Wann ist eine Operation notwendig?
Wenn ein VSD sehr klein ist und es zu keinem übermäßigen Blutfluss durch dieses Loch kommt, ist keine korrigierende Therapie nötig. Dann reicht eine regelmäßige kardiologische Kontrolle aus. Größere Defekte müssen immer verschlossen werden, da sonst die irreversible Eisenmenger-Reaktion (siehe oben) droht. Der Verschluss erfolgt operativ durch einen sogenannten „Patch“ (=Flicken), dieser besteht entweder aus Kunststoff oder aus körpereigenem Gewebe (z.B. aus dem Herzbeutel). Alternativ ist heute immer häufiger ein minimalinvasiver Verschluss (nicht am offenen Herzen) über einen Herzkatheter möglich.
Sobald die irreversible Eisenmenger-Reaktion abgelaufen ist, ist ein operativer Verschluss des VSD zur Therapie des Patienten nicht mehr ausreichend. Danach steht als Behandlung letztlich nur noch eine Herz-Lungen-Transplantation zur Verfügung.
Wie ist die Krankheitsprognose für Betroffene mit VSD?
Nach der Operation können bei Patienten Rhythmusstörungen des Herzens auftreten. Auch haben die Betroffenen lebenslang ein erhöhtes Risiko für eine Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut). Es können auch kleine Löcher in der Kammerscheidewand verbleiben oder wieder auftreten.
Nach einem frühzeitigen Verschluss des Defektes haben die Patienten eine normale Lebenserwartung. Bei eingetretener Eisenmenger-Reaktion werden Betroffene meist nur noch 20-30 Jahre alt.
Quellen
Pädiatrie, Duale Reihe, Thieme, Ludwig Gortner, Sascha Meyer, Friedrich Carl Sitzmann, 4. Auflage, 2012
Innere Medizin, Gerd Herold, 2014