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Definition: Was ist Vorhofflimmern?
Beim Vorhofflimmern liegt eine Störung der elektrischen Erregungsausbreitung im Herzen vor. Dies führt zu einer erhöhten Kontraktionsfrequenz der Vorhöfe oder des Vorhofs, die sich auch auf die Herzkammern ausbreiten kann. Das Vorhofflimmern ist eine häufige Herzrhythmusstörung, die ca. 1–2% der Bevölkerung in Deutschland betrifft. Die Erkrankung kann im Rahmen verschiedener Herzgrunderkrankungen oder anderen Erkrankungen auftreten.
Pathophysiologie: Was passiert bei Vorhofflimmern und wie gefährlich ist das?
Das Herz wird im normalen Zustand durch seinen einen eigenen Schrittmacher, den so genannten Sinusknoten angetrieben. Nachgeschaltet ist ein Erregungsleitungssystem, das die elektrischen Signale am Herzen weiterleitet. Der normale Herzrhythmus ist regelmäßig und liegt in Ruhe zwischen 60 und 80 Schlägen pro Minute.
Beim Vorhofflimmern kommt es zu krankhaften Unregelmäßigkeiten: Es kommt zu arrhythmisch kreisende elektrische Erregungen im Vorhof, die eine normale Reizausbreitung verhindern. Dies führt dazu, dass die Vorhöfe unkoordiniert mit einer Frequenz von mehr als 350-mal pro Minute kontrahieren.
Am Anfang treten die Rhythmusstörungen meist anfallsartig in Episoden auf, in der Fachsprache paroxysmal genannt. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie spontan beginnen und in weniger als sieben Tagen wieder enden. Meistens ist sogar eine spontane Beendigung innerhalb der ersten 24 Stunden zu sehen. Bei durchgehenden Rhythmusstörungen spricht man von persistierenden Vorhofflimmern.
Ursachen: Was sind die Gründe für Vorhofflimmern?
Bei ca. 15% der Patienten liegt ein primäres Vorhofflimmern vor ohne Herzerkrankung. Die Herkunft der Erkrankung ist nicht festzustellen. In den restlichen Fällen liegt eine Herzerkrankung vor, u.a:
- Myokarditis
- Mitralstenose und andere Herzklappenveränderungen
- Koronare Herzkrankheit
- Chronische Herzinsuffizienz
- Kardiomyopathien
- Vorhofseptumdefekte und andere angeborene Herzfehler
Symptome: Wie bemerkt man Vorhofflattern?
Bei bis zu ein Drittel der Betroffenen bleibt das Vorhofflimmern anfangs unbemerkt. Mögliche Symptome sind:
- Herzstolpern oder Herzklopfen
- Brustschmerzen
- Beklemmungs- oder Angstgefühle
- Unregelmäßiger Puls
- Schwindel
- Ohnmacht
- Angst oder innere Unruhe
Diagnose: Wie wird Vorhofflimmern erkannt?
Das erste Hilfsmittel zur Diagnose ist das Elektrokardiogramm (EKG). Das EKG bietet eine schnelle Erfassung der Herzfunktion und liefert viele Informationen über eine mögliche Herzerkrankung. Allerdings ist es nur eine kurze Aufzeichnung der Herzaktivität, sodass im Ruhe-EKG eine Rhythmusstörung oft übersehen wird, da sie in dem Moment der Aufzeichnung nicht eintritt. Daher ist bei Verdacht auf Vorhofflimmern auch immer ein Langzeit-EKG indiziert. Der Patient trägt dabei ein EKG Gerät für 24h, sodass über den gesamten Zeitraum die Messung stattfinden kann.
Bei neu entdeckten oder Verdacht auf Vorhofflimmern sollte auch immer nach weiteren Erkrankungen wie einer Schilddrüsenüberfunktion, Herzkrankheit, Herzklappenerkrankungen, Entzündungen (z.B. Herzmuskelentzündung) oder Erkrankungen des Herzmuskels gesucht werden. Hilfreich dafür kann ein Ultraschall des Herzens sein, auch Echokardiographie genannt.
Therapie: Wie wird Vorhofflimmern behandelt?
Die Therapie des Vorhofflimmers basiert auf folgenden Grundsätzen:
- Verhinderung thromboembolischer Ereignisse
- Verhinderung zu hoher Kammerfrequenzen
- Wiederherstellung des Sinusrhythmus bei geeigneten Patienten
- „Upstream-Therapie“
Die Thromboembolieprophylaxe geht eine Evaluation des individuellen Schlaganfallrisikos des Patienten zuvor. Diese wird anhand des CHA2DS2VASc-Scores durchgeführt. Patienten mit hohen Risiko bekommen eine lebenslange Blutverdünnung mit Medikamenten z.B. Marcumar. Bei niedrigen Risiko erfolgt hinsichtlich der möglichen Thromboemboliebildung keine vorbeugende Maßnahme.
Um zu hohe Frequenzen zu verhindern wird auf eine medikamentöse Frequenzkontrolle gesetzt. Ziel ist es, das Vorhofflimmern auf <110 pro Minute zu begrenzen. Mittel der Wahl ist hierbei ein Wirkstoff der Gruppe beta-Blocker z.B. Metoprolol. Ist eine medikamentöse Einstellung unzureichend oder nicht möglich, kann auch ein elektrischer Herzschrittmacher implantiert werden mit Katheterablation des AV-Knotens.
Die Wiederherstellung des Sinusrhythmus, auch Kardioversion genannt, bezeichnet eine Umwandlung des Vorhofflimmerns in einen normalen Sinusrhythmus. Diese Rhythmuskontrolle hat nicht bei allen Betroffenen gute Prognosen. Die Kardioversion kann medikamentös durch Antiarrhythmika erfolgen.
Ist eine medikamentöse Therapie nicht erfolgreich oder kommt es zu einem erneuten Auftreten des Vorhofflimmerns kann eine Vorhofflimmerablation oder eine Katheterablation helfen.
Die Upstream Therapie bezeichnet die Suche und Behandlung von Vorhofflimmern-auslösenden Erkrankungen, z.B. einer arteriellen Hypertonie.
Lebenserwartung und Heilungschancen bei Vorhofflimmern
Ein unbehandeltes Vorhofflimmern nimmt einen fortschreitenden Verlauf: Die Herzrhythmusstörung entwickeln sich von anfänglich symptomlosen Vorhofflimmern zu anfallsartigen Auftreten bis zu persistierenden Vorhofflimmern. Das Endstadium ist an sich nicht lebensbedrohlich, kann auch auf Dauer zu Folgeschäden führen.
Durch das Vorhofflimmern kann es zu „stehenden“ Blut im Herzen kommen, wodurch es zu Blutgerinselbildung, sogenannte Thromben, kommen kann. Dies erhöht das Risiko für Schlaganfälle und andere Herzerkrankungen. Außerdem kann es durch die langjährige Mehrbelastung des Herzens zu einer Herzmuskelschwäche kommen. Daher ist es wichtig, die Herzrhythmusstörung frühzeitig zu behandeln, auch wenn die Symptome noch leichtgradig sind.
Durch eine gezielte frühzeitige Therapie kann die Prognose der Betroffenen stark positiv beeinflusst werden. Bei jungen Patienten mit optimaler Therapie wird heute von einer Lebenserwartung ausgegangen, die der gesunden Altersgruppe entspricht.
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